Arbeitsmarkt August 2011
Freitag, 9. September 2011 1:12
Die aktuelle Seco-Pressedokumentation über die Lage auf dem Arbeitsmarkt im August scheint den im letzten Monat beobachteten Trend zu weniger freien Arbeitsplätzen zu bestätigen. Die Zahl der beim RAV gemeldeten offenen Stellen sank um 571 auf 18.584, während sich diejenige der Arbeitslosen im Zwischenverdienst um weitere 673 (-2,3%) auf 28.540 reduzierte.
Beim durchblättern der Dokumentation fiel dem Schreibenden – die öffentliche Meinung über die schlecht ausgebildeten Arbeitslosen im Hinterkopf – aber noch etwas anderes ins Auge.
Registrierte Arbeitslose nach der zuletzt ausgeübten Funktion August 2011
Ein Kuchendiagramm auf Seite 18 teilt die Arbeitslosen anhand der zuletzt ausgeübten Funktion in drei Kategorien ein. Das erstaunliche an dieser Grafik: Nur 26,3% hatten eine Hilfsfunktion inne. Den weitaus grösseren Anteil von 63% machen Arbeitslose mit einer Fachfunktion aus.
Die Verteilung seit 2003
Die Durchsicht sämtlicher verfügbarer Daten* zeigt, dass der Anteil der Facharbeiter zwar schon seit Erhebungsbeginn im Juni 2003 mit 54,5% ziemlich hoch lag und zunächst stabil um die 53-55% herum oszillierte (siehe Grafik 2), doch erst Mitte 2009 kontinuierlich um knappe 10% auf die aktuellen 63% im August 2011 anstieg.
Grafik 2. Registrierte Arbeitslose nach der zuletzt ausgeübten Funktion. Anhand der Seco-Daten erstellt. Copyright by thinkpunk. Darf unter Angabe der Quelle ohne spezielle Genehmigung verwendet werden.
Ein Grund für diesen Anstieg sind möglicherweise gut ausgebildete Fachkräfte aus der EU, die mit dem 3. Schritt zur vollen Personenfreizügikeit ab 2007 (Nichtanwendung der Kontigentierung und vorläufig freier Zugang zum CH-Arbeitsmarkt für EU-Bürger) in den letzten Jahren in die Schweiz einwanderten.
Laut Vimentis, der «neutralen Politikplattform der Schweiz» stammt ein Grossteil der Einwanderer aus Deutschland und Portugal, wobei die meisten dieser Arbeitskräfte gut ausgebildet sind. Über 50% der Zuwanderer haben eine Hochschule abgeschlossen und mehr als 80% verfügen über einen Lehrabschluss oder eine Matura (Sekundarstufe II).
Auch das Wirtschaftswissenschaftliche Zentrum (WWZ) der Universität Basel bescheinigt den Zuwanderern des Jahres 2009 eine gute schulische wie berufliche Qualifikation.
Grafik 3. Die Qualifikationen der FZA-Zuwanderer des Jahres 2009 nach Herkunft. Quelle Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum (WWZ) der Universität Basel
Vergleichen wir die schrittweise Einführung der Personenfreizügikeit 2002, 2004, 2007 und 2009 mit dem Zeitablauf der Kurvenbewegung arbeitsloser Fachkräfte (Grafik 2), stellen wir fest, dass die Kurve der arbeitslosen Fachpersonen kurz nach der uneingeschränkten Freizügigkeit im Jahr 2007 ansteigt.
Ob diese beiden Kurven kausal zusammenhängen, ist mangels genauerer Daten schwer zu sagen. Deshalb, lieber Leser, diesen möglichen Zusammenhang nicht einfach unhinterfragt übernehmen.
Sollte es andere einleuchtende Begründungen oder genauere statistische Zahlen geben, freut sich der Autor über eine kurze Wortmeldung.
* Die folgenden Zahlenreihen sind den Seco-Pressedokumentationen seit 2003 entnommen und bilden die Grundlage der im Text angegebenen Durchschnittszahlen von Juni 2003 bis August 2011.
| Fachfunktion | Hilfsfunktion | Andere |
2003
| 54,5 | 33,4 | 12,1 | Juni
Thema: Arbeitsmarkt, Schweiz | Kommentare (0) | Autor: thinkpunk