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Frage des Tages – Sprachkompetenz

Montag, 29. August 2011 10:29

Setzen Politiker Sprache bewusst irreführend ein? Oder entgehen ihnen die sprachlich feinen aber inhaltlich oft enormen Unterschiede tatsächlich? Und welche der beiden Möglichkeiten ist schlimmer?

Diese und ähnliche Fragen stellt sich der sprach-, politik- und gesellschaftsinteressierte Schreiber immer wieder.

Aktuellen Anlass gibt der SVP-Generalsekretär Martin Baltisser. In seiner Erklärung zu einer umstrittenen SVP-Anzeige sieht er zwischen dem Satz im Plural «Kosovaren schlitzen Schweizer auf!» und jenem im Singular «Kosovare schlitzt Schweizer auf!» inhaltlich keinen Unterschied. Schliesslich waren ja zwei Kosovaren am Tatort.

Ein durchaus interessanter Einblick. Abgesehen davon, dass ganz nebenbei ein Zuschauer zum Täter gemacht wird, entsteht durch die sprachlichen Gleichsetzung von «Kosovare» und «Kosovaren» aus einer einzelnen Person – ob gewollt oder nicht – das Bild eines ganzen Volkes. Denn der Plural unterscheidet anders als Herr Baltisser nicht zwischen «zwei» und «mehrere bis unendlich».

Ein kurzer Dreisatz zur Erklärung

Wenn 1) gemäss Martin Baltisser zwischen einem und zwei Kosovaren kein Unterschied besteht (1K = K plural) und 2) der Plural die Mehrzahl nicht als Zahl definiert (K plural = 2K bis ∞K) dann ergibt sich daraus 3) 1K = 2K bis ∞K

In anderen Worten: Es besteht kein Unterschied zwischen einem, zwei und unendlich vielen Kosovaren. Da sollte es uns nicht wundern, wenn auch der einfache Bürger von einer Person auf ein ganzes Volk schliesst.

Unklar bleibt, ob diese Folgerung von Herrn Baltisser so gewollt ist oder nicht. Deshalb hier zwei kleine Hinweise für zweiteren Fall:

  1. Sprache ist immer auch Interpretationssache. Je kürzer ein Satz, desto präziser sollte der ehrliche Schreiber jedes einzelne Wort wählen. (Und desto genauer sollte sich der Leser über die Hintergründe informieren.)
  2. Eins ist nie gleich zwei.

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Thema: Fragen, Gesellschaft, Politik | Kommentare (0) | Autor:

Ein Anagramm für Fortgeschrittene

Sonntag, 6. März 2011 16:06

Der Autor liebt – wie der gelegentliche Leser weiss – die deutsche Sprache. Zudem fasziniert ihn die Mathematik. Und wenn dann an einem Sonntag wie heute noch der Spieltrieb dazu kommt, wird zum Zeitvertreib was spannendes ausgetüftelt.

Heute eine Aufgabe für die Freunde von Anagrammen*.

32 ehemals einen vollständigen Satz bildende Buchstaben warten darauf, in eine neue sinnvolle Reihenfolge gebracht zu werden. Damit der Überblick über die Zeichen gewährleistet ist, wurden diese fein säuberlich in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Und natürlich, weil der Autor auch ein grosser Anhänger von Ordnung und Systemen ist.

Hier also das sinnbefreite Rohmaterial:

aa eeeeeeee gggg iiii ll mm nnnn rr tt zz

Die Erstellung eines beliebigen Anagrammes mit 32 Buchstaben sollte nicht allzu schwer fallen. Schliesslich gibt es mit 32 Zeichen (32-Fakultät) satte

263.130.836.933.693.530.167.218.012.160.000.000** Möglichkeiten.
(a=a, e=e, g=g… Man ahnt, dass die Berechnung etwas komplizierter sein dürfte)***

Schwieriger wird es, wenn es nur eine richtige Lösung gibt. Und dies soll hier der Fall sein. Wobei man es ja nicht übertreiben soll. Deshalb hat der Zeichenordner – der Anagramm-Profi hat es bestimmt schon bemerkt – das Rätsel etwas einfacher gestaltet.

Die zu verwendenden Buchstaben sind in gerader Anzahl vorhanden. Dies liegt daran, dass als Ausgangsmaterial für das Rätsel ein Palindrom gewählt wurde. Damit gibt es für die Lösung jetzt nur noch halb so viele, nämlich

131.565.418.466.846.765.083.609.006.080.000.000 Möglichkeiten.
(Oder wäre das dann 16-Fakultät, also 20.922.789.888.000 Möglichkeiten?)***

Alles maximal halb so wild also.

Ein Tipp: Wenn es nach mehreren Stunden noch nicht geklappt haben sollte, versuchen Sie es doch mit einem der vielen im Internet angebotenen Anagramm-Generatoren. Vielleicht spuckt der ja mit etwas Glück die richtige Antwort aus. Ein Versuch ist es Wert.

Und nun viel Spass beim Knobeln****.

* Wer mag, darf damit auch Google-Translate-Beatboxen (Info)
** 263 Quintilliarden / Quinquillionen / Quinquilliarden
*** Der Mathematiker möge mich bitte korrigieren
**** Die richtige Lösung finden Sie auf der Rückseite

Thema: Fragen, Rätsel | Kommentare (2) | Autor:

Neugleichsprech

Donnerstag, 8. Juli 2010 17:28

Nach der sprachlichen Weiblein-Männlein-Gleichmacherei und den Anti-Babylon-Forderungen der vergangenen Wochen, gäbe es für den Sprachinteressierten sicher einiges zu sagen. (Nicht in der Schweiz lebende Deutschsprachige informieren sich hier und/oder hier über wiewowas).

Aber erstens erliegt dieses Sprachsommerloch sowieso in Kürze den fallenden Temperaturen. Und zweitens habe ich bei eben diesen, aber noch warmen, besseres zu tun.

Einen unvergesslichen Beitrag unseres Physik- und Mathe-Lehrers – anno bald nicht mehr wahr – möchte ich trotzdem kurz anfügen. Zum besseren Umgang mit der Sprache der Dichter und Denker legte er uns zur Orderung einer einfachen weissroten Speise die Verwendung folgender Formulierung ans Herz: Herr Ober, ich hätte gerne einen Teller

«Eierteigwarenwürmer an Liebesapfeltunke»

Eigentlich ganz schön schön gesagt. Das hat was. Und ist auch gar nicht so schwer zu verstehen. Nur beim Cameriere bestellen Sie diese besser in seiner Sprache. Oder etwas, das so ähnlich wie diese klingt.

Thema: Gesellschaft, Politik | Kommentare (0) | Autor: