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Arbeitsmarkt Juli 2011

Montag, 8. August 2011 14:07

Die neuen Arbeitslosenzahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft sind da. Wie erwartet gibt es auch diesen Monat keine Überraschungen bei der Arbeitslosenquote. Deshalb wenden wir uns heute einer anderen statistischen Zahl zu. Den «registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden».

SECO-Bericht im Juli 2011

  • Insgesamt 162.530 Stellensuchende registriert
  • Insgesamt 109.200 Arbeitslose gemeldet

Was auf den ersten Blick verwirrt, ist schnell erklärt. Stellensuchende sind nicht zwingend arbeitslos. Was nicht heisst, dass registrierte (aber offiziell «nicht arbeitslose») Stellensuchende mehrheitlich auch eine feste Arbeit haben. Vielmehr gehören dazu laut SECO einfach alle Personen, «die bei einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum registriert, jedoch – im Unterschied zu den Arbeitslosen – entweder nicht sofort vermittelbar sind oder aber über eine Arbeit verfügen.»

Gemeint sind damit schlicht Personen, die aus Sicht des RAV nicht sofort eine neue Stelle antreten können, da sie sich zum Beispiel während der Arbeitslosigkeit einen zeitlich befristeten Zwischenverdienst erarbeiten oder ein Programm zur vorübergehenden Beschäftigung absolvieren. Aber auch kranke Stellensuchende oder solche im Militärdienst zählen zu dieser Kategorie. Das sind nicht wenige.

Anteile der registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden Juli 2011

Grafik des SECO. Entnommen der Pressedokumentation Juli 2011.

Würden wir nur schon die Personen im Zwischenverdienst, Umschulung / Weiterbildung und in Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung zu den offiziell Arbeitslosen hinzuzählen, stiege diese Zahl auf einen Schlag um satte 36.637 auf 145.873 Arbeitslose. Was dann für den aktuellen Zeitraum einer Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent (statt der veröffentlichten 2,8) entsprechen würde. Dies aber nur nebenbei.

Interessanter als die schiere Menge dieser registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden ist deren Entwicklung über die letzten Monate hinweg.

2010 bewegte sich deren Anzahl ohne grössere Ausreisser im Schnitt um die 63.538. Davon 33.896 in einem Zwischenverdienst und 8.555 in einem Programm zur vorübergehenden Beschäftigung (Die Zahlen dazu finden Sie am Ende des Beitrages).

Anfang April 2011 brachen diese Zahlen plötzlich ein. Von April bis Juli sank die Gesamtzahl von den genannten 63.538 auf durchschnittlich 55.693 Personen. Ein Minus von Insgesamt 7.845. Davon -3923 in einem Zwischenverdienst und -1635 in einem Programm zur vorübergehenden Beschäftigung.

Was könnte das bedeuten? Dass die Programme zur vorübergehenden Beschäftigung nach der ALV-Revision aus Kostengründen zurückgehen würden, war abzusehen. Dass aber auch die Zwischenverdienstmöglichkeiten einbrechen, könnte auf etwas anderes hinweisen. Möglicherweise ist der Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten dermassen ausgetrocknet, dass sogar temporäre Stellen für einen Zwischenverdienst immer schwieriger zu finden sind.

Diese Annahme wird von der Entwicklung der bei den im Juli bei den RAV gemeldeten offenen Stellen offenbar gestützt. Diese verringerte sich trotz angeblich stabilem Wirtschaftswachstum und sinkenden Arbeitslosenzahlen im Juli 2011 um 2.038 auf 19.155 Stellen. Zum Vergleich: Januar +2414, Februar +3043, März +1035, April -768, Mai +585, Juni -623.

Während sich also der Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) Bundesrat Schneider-Ammann und Serge Gaillard vom SECO Gedanken über mögliche Konsequenzen des starken Schweizer Franken auf den Stellenmarkt machen, hat sich das Angebot auf dem Markt längst nach unten bewegt.

Natürlich können diese Werte auch auf ganz andere Gründe zurückzuführen sein. Bestätigende oder widerlegende Angaben von Stellenvermittlern sind deshalb willkommen.

Die Zahlen im Detail

Hier nun die Grundlage der Berechnungen über die Entwicklung bei den registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden. Die Zahlen sind den SECO-Pressedokumentationen entnommen. Berechnungen durch den Blogautor.

(rnS = registrierte nichtarbeitslose Stellensuchende. ZV = Zwischenverdienst. PvB = Programm zur vorübergehenden Beschäftigung.)

2011  rnS / ZV / PvB

  • Jan 62.132 / 32.808 / 8.695
  • Feb  62.664 / 33.134 / 8.754
  • Mrz 62.932 / 33.340 / 8.576
  • —Einbruch—
  • Apr 57.593 / 30.866 / 7.454
  • Mai 56.485 / 30.199 / 7.380
  • Jun 55.364 / 29.614 / 6.942
  • Jul 53.330 / 29.213 / 5.903
  • — Durchschnitt Apr – Jul 2011 —
  • Ø 55.693 / 29.973 / 6.920

2010 rnS / ZV /PvB

  • Jan 60.552 / 31.690 / 8.438
  • Feb 62.668 / 32.609 / 8.993
  • Mrz 65.465 / 34.045 / 9.451
  • Apr 65.234 / 34.114 / 9.300
  • Mai 64190 / 34.025 / 9.067
  • Jun 64.797 / 34 946 / 8.720
  • Jul 63.274 / 35.133 / 7.796
  • Aug 62.110 / 34.412 / 7.671
  • Sep 62.734 / 34.233 / 8.107
  • Okt 63.310 / 33.750 / 8.331
  • Nov 65.047 / 34.205 / 8.666
  • Dez 63.073 / 33.591 / 8.123
  • — Durchschnitt 2011 —
  • Ø 63.538 / 33.896 / 8.555
Differenz im Durchschnitt 2010 / April bis Juli 2011
  • 63.538 / 33.896 / 8.555
  • 55.693 / 29.973 / 6.920
  • — Differenz Ø —
  • 7.845 / 3.923 / 1.635


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Thema: Arbeitsmarkt, Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Arbeitsmarkt März 2011

Freitag, 8. April 2011 21:14

Wie immer Anfang Monat veröffentlicht das Staatssekretariat für Wirtschaft auch am 8. April 2011 die aktuellen Arbeitslosenzahlen. Und monatlich grüsst das Schwurbeltier, möchte man beim Überfliegen der Pressedokumentation des SECO sagen. Man trifft auf die üblichen für Fehlinterpretationen anfälligen statistischen Daten. Und kurz darauf auf die üblichen Schnellschüsse der Medien.

Der ewige Traum: weniger | gesunken | verringert

Nach einem ersten Blick in die 28-seitige Dokumentation scheint sich wie in den vergangenen Monaten alles in eine positive Richtung zu entwickeln.

«Gemäss den Erhebungen des SECO waren Ende März 2011 134.905 Arbeitslose bei den RAV eingeschrieben, 8.420 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank damit von 3,6% im Februar 2011 auf 3,4% im Berichtsmonat. Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Arbeitslosigkeit um 31.127 Personen (-18,7%)», steht es trocken, sachlich-positiv formuliert, in der Pressedokumentation.

Die Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosenquote sinkt weiter. Es scheint wirklich wieder bergauf zu gehen. Alles wird besser. Wenn nicht gar sehr viel besser.

Es sei denn, man bezieht wenigstens in diesem aussergewöhnlichen Monat für einmal die Ausgesteuerten in die Berechnung der Zahlen ein. Denn durch die ALV-Revision werden dieser Tage mehr Arbeitslose gleichzeitig ihren Anspruch auf Arbeitslosentaggelder verlieren, als jemals zuvor. «In der Tat dürften etwa 16.000 Personen von der Revision des Arbeitslosen-Versicherungs-Gesetzes betroffen sein. Das heisst, sie könnten am 1. April ihre Ansprüche verlieren», wie Serge Gaillard, Direktor für Arbeit SECO am 8. Februar 2011 in der Tagesschau noch ganz richtig zu sagen wusste.

Aber wie nicht anders zu erwarten, werden auch diese ca. 16.000 noch nicht in der Statistik erfassten Ausgesteuerten (dazu gleich mehr) auch in diesem Monat wieder als «Arbeitslose weniger» interpretiert. Ein Flüchtigkeitsfehler, den auch der eine oder andere Zeitungsmacher – mit teils absurden Schlussfolgerungen – schnellschreibend auf die Spitze treibt.

Die Mär vom Anreiz durch Druck

Unter der durchaus Blick-tauglichen Schlagzeile «Geldsorge schreckt Arbeitslose auf» unterstellt zum Beispiel Balz Bruppacher in seinem Beitrag im online 20 Minuten den Arbeitslosen in vollem Ernst: «Der Rückgang der Arbeitslosigkeit hat sich beschleunigt. Ein Grund: Die Betroffenen legten sich bei der Jobsuche rechtzeitig vor den Leistungskürzungen ins Zeug.» (Nebenbei bemerkt ein gutes Beispiel für die vorschnelle Knüpfung vermeintlicher Kausalketten.)

Worauf sich die Unterstellung stützt, bleibt verständlicherweise offen. Denn wie viele dieser Minus 8.420 Arbeitslosen in Tat und Wahrheit zu den im März ausgesteuerten gezählt werden müssen, weiss noch niemand. Diese Zahlen erfahren wir erst in der Pressedokumentation vom 8. Juni, da die in der Umfangreichen Pressedokumentation jeweils auf Seite 25 separat aufgelisteten Ausgesteuerten erst mit zwei Monaten Verzögerung veröffentlicht werden.

Eine weitere Fehlinterpretation

Ähnlich verhält es sich mit einer Gaillard’schen freestyle Interpretation weiterer statistischer Angaben in der SECO-Pressedokumentation.

Aus der sachlich korrekten Darstellung des Staatssekretariats für Wirtschaft «Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-Jährige) verringerte sich um 1.955 Personen (-9,2%) auf 19.325. Im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht dies einem Rückgang um 7.427 Personen (-27,8%)», leitet dessen Direktor wieder einmal eine sehr einseitige und gewagte These ab.

Im gleichen 20 Minuten-Beitrag wie Balz Bruppacher wird Gaillard beim Wunschträumen folgendermassen zitiert: «Die am 1. April in Kraft getretenen Leistungskürzungen dürften im Februar und März den Druck auf die rund 16.000 Betroffenen erhöht haben, noch vor dem Verlust der Arbeitslosentaggelder eine Stelle zu finden. Dies spiegle sich vor allem im überdurchschnittlichen Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit.» (Noch ein gutes Beispiel für die vorschnelle Knüpfung vermeintlicher Kausalketten.)

Hören wir dazu noch einmal den gleichen Serge Gaillard in der Tagesschau vom 8. Februar 2011 zum Thema Aussteuerung nach der ALV-Revision: «Vielen sollte das [Stelle finden] gelingen, zumal etwa 30 bis 40 Prozent dieser [von der drohenden Aussteuerung] Betroffenen Jugendliche sind».

Ein Schelm, der beim Vergleich der Aussagen

  • a) besonders vielen Jugendlichen droht an Tag X die Aussteuerung und
  • b) überdurchschnittlicher Rückgang jugendlicher Arbeitsloser zum Tag X

eins und eins zusammenzählt und zu einem anderen Resultat als der Direktor für Arbeit kommt.

Wir werden uns die richtigen Zahlen wohl in zwei Monaten genauer anschauen müssen. Vielleicht liefern ja auch die Sozialämter demnächst für diesen einen Monat genauere Zahlen. Bis dahin gilt: Glaube keiner Statistik, die noch nicht veröffentlicht wurde.

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Thema: Arbeitsmarkt, Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Lieblingszitat des Tages – Aussteuerung

Dienstag, 8. Februar 2011 20:21

«In der Tat dürften etwa 16’000 Personen von der Revision des Arbeitslosen-Versicherungs-Gesetzes betroffen sein. Das heisst, sie könnten am 1. April ihre Ansprüche verlieren. Die Arbeitslosenkassen haben jetzt diese Personen informiert im Januar, damit sie alles daran setzen, vor dem 1. April eine Stelle zu finden. Vielen sollte das gelingen, zumal etwa 30 bis 40 Prozent dieser Betroffenen Jugendliche sind. Wir hoffen also, dass es nicht zu so vielen Aussteuerungen kommt.»

Serge Gaillard, Direktor für Arbeit Seco am 8. Februar 2011 in der Tagesschau.

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