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Wieder Ratten bei der SVP

Samstag, 2. Oktober 2010 22:35

Die SVP hetzt wieder einmal in bewährter Manier mit Plakaten gegen Ausländer. Zur Abwechslung im Tessin. Ansonsten alles, wie seit Jahren gehabt: Ungeliebte Ausländer werden zu Ratten.

Da sich ausserhalb der SVP kritische Stimmen zu Wort melden, geht es auch wie gehabt, weiter: Hihi, haha. Alles nur ein Scherz. «Es fehlt dem Politestablishment einfach der Humor», wie Parteipräsident Pierre Rusconi laut 20min-online gesagt haben soll. Mit Rassismus und Xenophobie hat dies alles nichts zu tun.

Eine erfolgreich erprobte Manipulation

Der perfide Angriff scheint auch dieses mal seine Wirkung zu entfalten. Viele Kommentarschreiber in verschiedenen Foren finden: «Ist doch lustig. Was ist denn dabei?» Und gleich darauf entlarvend: «Ausserdem stimmt es ja». Ohne dabei selbst den Widerspruch zu erkennen. Einerseits ist alles nur ein Spässchen, andererseits aber ist es wahr. Alles Ratten.

Ein Wort gegen diese Hetze und das noch gefährlichere ins Lächerliche ziehen sei mir an dieser Stelle erlaubt. Genau dieses unüberlegt geäusserte «Ist doch nichts dabei» zeigt, dass die jahrelange Verwendung solcher Tier- und Hass-Plakate ihr Ziel schon erreicht hat. Die breite Öffentlichkeit stellt zwischen dem Hassobkjekt «Ratte» und den damit gemeinten Menschen keinen Zusammenhang mehr her.

Man wettert gegen ein Ekel erregendes Tier und hetzt damit – ohne weiter darüber nachzudenken – gegen sehr reale Menschen. Und die strategisch kluge Unterstellung fehlenden Humors erlaubt es, sich nicht mit den Auswirkungen der Hetze auseinanderzusetzen zu müssen.

Ein erster Schritt zur moralischen Abkoppelung

Wir alle durchlaufen durch unsere Erziehung einen Sozialisationsprozess, der uns Normen und moralische Leitlinien für unser soziales Verhalten vorgibt. Dieser erlernte Verhaltenskodex erlaubt uns eine friedliche Koexistenz mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, mit anderer Sprache, anderem Aussehen und anderen Bräuchen. Die verbindende Basis dafür ist der kleinste gemeinsame Nenner. Wir alle sind menschliche Wesen.

Diese verinnerlichten Leitlinien bestimmen den respektvollen Umgang mit unseresgleichen. Selbst in kriegerischen Kampfhandlungen hindern diese die Soldaten daran, freiwillig auf den Feind zu schiessen und ihn zu töten. Deshalb muss im Vorfeld eines Krieges ein die Hemmungen ausschaltendes Feindbild aufgebaut werden. Am einfachsten, indem man den oben erwähnten gemeinsamen Nenner abbaut. Das funktioniert auch in der Politik und ist dort kein Mittel von links oder rechts, sondern von Extremisten aller Couleur.

Die Entmenschlichung ist eine erprobte und erfolgreiche psychologische Strategie um Menschen die moralische Abkoppelung von anderen Individuen zu erleichtern. Man erklärt den Feind zum Untermenschen, zum Tier, zur Krankheit. Auf diese Weise können menschliche Wesen ganz einfach als von der moralischen Kategorie des Menschseins ausgeschlossen betrachtet werden. Es kostet weniger Überwindung auf ein niederes Tier einzuschlagen, als auf seinesgleichen.

Ob bewusst oder unbewusst. Die Hemmschwelle sinkt.

Natürlich setzt sich nicht jeder Befürworter solcher politisch motivierter Hetze aktiv und bewusst für den Abbau aller für ein friedliches Zusammenleben unabdingbaren Hemmschwellen ein. Trotzdem geschieht durch die Akzeptanz und Verniedlichung der Propaganda genau dies. Das Bild von Unter- oder Unmenschen setzt sich in den Köpfen fest.

Das Resultat solcher Hass-Propaganda setzt – ob gewollt oder nicht – die Hemmschwelle Schritt für Schritt herunter. Und weil die Grenzen seit Jahren Stück um Stück hinausgeschoben werden, darf man solche Plakate nicht einfach schweigend hinnehmen. Das hat nichts mit fehlendem Humor zu tun.

Wohin soll das führen?

Klar wird der eine oder andere jetzt «linke Panikmache» rufen. In diesem Fall möchte ich nur eine Frage beantwortet haben: Wozu soll das ganze dann dienen? Keine Partei gibt Geld für ihre Propaganda aus, wenn sie nichts damit erreichen will. Und ein Lächeln über ein lustiges Plakat wird auch bei der tessiner SVP nicht das angestrebte Ziel der Propaganda sein.

Mein Buchtipp für alle, die sich mit Fragen wie «Was bewegt gute Menschen dazu, böses zu tun? Wie können normale Menschen dazu verleitet werden, unmoralisch zu handeln? Wo liegt die Grenze zwischen Gut und Böse, und wer läuft Gefahr, diese zu überschreiten?» auseinandersetzen wollen:

«Der Luzifer-Effekt – Die Macht der Umstände und die Psychologie des Bösen» von Philip Zimbardo

ISBN 978-3-8274-1990-3


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Lieblingszitat des Tages – Gelbe Karte

Freitag, 18. Juni 2010 17:30

«Eine solche Regel zerstört den Fussball»

Bastian Schweinsteiger über Gelbe Karten «wenn man einmal auf den Körper des Gegners geht»

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Weisheiten – Über den Umgang

Mittwoch, 31. März 2010 10:10

«Respekt ist der empathische Bruder der Toleranz.»

Patrick

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Jugendgewalt

Sonntag, 28. März 2010 22:20

Kaum wird über Jugendgewalt gesprochen (Arena), kommt – Halali – von irgendwo ein Alfred Heer. Die Hatz auf Ausländer ist eröffnet.

Wäre ja noch schöner, wenn wir über die Hintergründe nachdenken müssten. Wo man doch einfach medienwirksam die bewährten Reisser “Ausländer” und “Abschieben” in die Runde werfen kann. Super Sache. Gewaltproblem gelöst.

Nun gut. Lassen wir die Schweizer Schläger für den Moment beiseite und befassen uns mit den Immigranten.

Viele Einwanderer stammen aus Kriegs- und Krisengebieten. Sie kamen – anders als in den 60ern die heute gut integrierten Italiener – nicht alle aus freien Stücken, um Geld für ein besseres Leben in der Heimat zu verdienen. Es blieb ihnen oftmals schlicht nichts anderes übrig, um das Leben der Familie zu schützen. Zumindest so lange, bis die Heimat wieder sicher genug für eine Rückkehr ist.

Die Jahre vergehen, die Kriege und Krisen bleiben. Was als Übergangslösung gedacht war, wird zum langfristigen Provisorium. Ohne Aussicht auf ein glückliches Ende. Man kann sich vorstellen, dass ein solches Leben im Wartezustand einen Menschen zermürbt.

Die Heer’sche Behauptung, wir Schweizer würden uns im umgekehrten Fall sofort der fremden Kultur anpassen, die Landessprache lernen und als Musterbeispiel für gelungene Integration vorangehen, hat mit der Realität nicht viel zu tun. Sie geht von einer falschen Vorstellung von Wahlfreiheit aus. Wohl einfach aus dem Grund, weil wir uns Krieg, Verfolgung und Vertreibung in unserer friedlichen Schweiz schlecht vorstellen können. Dennoch sollten wir versuchen, uns einmal in die Lage dieser Familien zu versetzen.

Denn in dieser täglichen Unsicherheit wächst eine zweite Generation heran. Hin- und hergerissen zwischen alter und neuer Heimat. Zwischen streng patriarchalischer Familienstruktur und liberaler Gesellschaft. Aber ohne Wurzeln. Und ohne Sicherheit.

Woran sollen sie sich orientieren? Wie ihren Platz in der Gesellschaft finden? Und in welcher Gesellschaft, wenn es morgen vielleicht doch wieder zurück geht? Kein Wunder gesellen sie sich zu anderen Jugendlichen in einer ähnlichen Situation.

Wenn wir diesen Kindern ein stabiles Fundament ohne Gewalt geben wollen, müssen wir ihnen eine Heimat und Perspektiven bieten. Hoffnung statt Drohung. Und Respekt statt Toleranz. Denn Respekt hat für diese Kinder eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.

Ohne Zweifel ist der fehlende Respekt Teil unseres Gewaltproblems. In zweifacher Hinsicht. Die unter Jugendlichen weit verbreitete Vorstellung, der andere müsse sich “den Respekt erst verdienen” führt unweigerlich zu Gewalt. Schliesslich gilt: Verschaffe dir Respekt, indem du andere verprügelst. Und verprügle, wen du nicht respektierst.

Warum zeigen wir diesen Jungen nicht einfach, dass sie auch ohne Machogehabe Anerkennung finden können? In vielen Fällen ist das gar nicht so schwer. Man muss einfach mit ihnen sprechen. Wo man sie gerade trifft. Mit ehrlichem Interesse.

Und eben auch, mit ehrlichem Respekt.

Mein Buchtipp für alle, die sich für die Geschichte auf dem Balkan interessieren: “Minenfeld Balkan. Der unruhige Hinterhof Europas” von Olaf Ihlau und Walter Mayr.

ISBN 978-3-88680-916-5

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