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Lieblingszitat des Tages – Atom-Strom-Migration

Samstag, 9. April 2011 15:10

«Geht die Einwanderung so ungebremst weiter wie bisher, kommen wir nicht um den Bau neuer Kernkraftwerke herum.»

SVP-Parteichef Toni Brunner in Der Sonntag

Thema: Politik, Zitate | Kommentare (0) | Autor:

Ein neues Projekt für soziales Engagement

Sonntag, 18. Juli 2010 14:36

Die Schweizer scheinen trotz Finanz- und Wirtschaftskrise ein grosses Herz und Geld für gute Taten übrig zu haben. Allein nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti 2010 hat die Bevölkerung 51,3 Mio. Franken für die Betroffenen gespendet. Ich bin sicher, viele der grosszügigen Spender würden sich auch ehrenamtlich für sinnvolle Projekte von Schweizer Hilfswerken einsetzen.

Die Idee eines «bezahlten Ehrenamtes»

Natürlich hat nicht jeder neben seinem Beruf die Zeit, sich längerfristig zu engagieren. Dies kann sich aber schlagartig ändern, wenn man die Arbeit verliert und es sich durch die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt abzeichnet, dass die Arbeitssuche etwas länger dauern könnte.

Warum in einer solchen Ausnahmezeit nicht die eigene Arbeitskraft für einen etwas tieferen Lohn zur Verfügung stellen und die Zeit mit einer Art sozialem Jahr überbrücken, statt beim Arbeitsamt anzuklopfen?

Ein geeignetes Einsatzgebiet zu finden sollte keine Schwierigkeiten bereiten. Die meisten der über 500 Hilfswerke mit ZEWO-Gütesiegel und unzählige weitere kleine gemeinnützige Vereine würden motivierte Mitarbeiter mit Handkuss nehmen. Tatkräftige Unterstützung ist immer gefragt. Und die möglichen Einsatzbereiche sind vielfältig:

Familie, Frauen, Kinder, Jugendliche, Senioren, Arbeitslosigkeit, Armut, Sozialprobleme, Sucht, Behinderung, Gesundheit, Krankheiten, Nothilfe, Humanitäre Hilfe, Katastrophenhilfe, Lebensrettung, Entwicklungszusammenarbeit, Flüchtlinge, Migration, Menschenrechte, Gefangenenfürsorge, Kultur, Bildung, Forschung, Technik, Ökologie, Umweltschutz, Sport, Freizeit.

Ein erster Versuchsballon

Im Jahr 2007, als gerade wieder über «faule Arbeitslose» und «integrationsunwillige Ausländer» hergezogen wurde, dachte ich zum ersten mal über diese Art einer Mischung aus Ehrenamt und bezahlter Arbeit nach. Für einen ersten Umsetzungsversuch sollten Erwerbslose die Möglichkeit erhalten, ihr berufliches Wissen und Talent in ein konkretes Integrationsprojekt für ausländische Mitbürger einzubringen. Ein Dienst an der Allgemeinheit bei gleichzeitigem Erwerb wertvoller Referenzen.

Blieb nur die Frage der Finanzierung. Wen könnte man um finanzielle Unterstützung bitten? Linke Gutmenschen? Rechte, die von Arbeitslosen mehr Einsatz, und von Ausländern Integration fordern? Liberale, die sich mit Investitionsfragen auskennen?

Die Wahl der politisch gut durchmischten Anfrage-Empfänger mit Vorbildfunktion lag auf der Hand: Unsere sieben Bundesräte. Also schrieb ich jeden einzelnen persönlich und als Privatperson folgendermassen (aus Datenschutzgründen gekürzt) an:

Sehr geehrte/r [Name Bundesrat]

Integration beginnt im Kleinen

Auch wenn die Politik sich um Lösungen im grossen Rahmen bemüht, findet die alltägliche Integration im Kleinen statt. Sei dies die Integration ausländischer Mitbürger in die Gesellschaft, oder die Eingliederung Arbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt.

Zum Beispiel hier

Ich bot den damaligen Bundesräten das oben erwähnte, in der Schweiz angesiedelte Projekt mit allen relevanten Informationen zur Unterstützung an. Das ganze beschränkt auf ein Hilfswerk, einen Kandidaten und ein Jahr.

Und das für wenig Geld

Ich bin überzeugt, die nachhaltige Integration von Erwerbslosen und Zugewanderten liegt Ihnen persönlich genauso am Herzen wie mir. Hier können Sie beides gleichzeitig mit relativ wenig Geld unterstützen.

Konkret für sage und schreibe insgesamt günstige 2.500 Franken Netto monatlich.

Und wenn Sie sich mit Ihren sechs Arbeitskollegen – die diesen Brief ebenfalls erhalten – zusammentun, wird es noch günstiger.

Für weitere Fragen stehe ich natürlich jederzeit zur Verfügung

Ich freue mich auf Ihre Antwort
und verbleibe bis dahin grüssend

Die Antworten. Man ahnt es…

Den Geschmack der Briefmarken noch auf der Zunge, erreichten mich auch schon die Antwortschreiben auf offiziellem Bundeshauspapier. Leider nicht wie gehofft von den Privatpersonen. Aber immerhin begründet.

«Ihrem Gesuch um Unterstützung können wir leider nicht entsprechen. Bundesrat Blocher erhält sehr viele derartige Anfragen, die wir aus Gründen der Gleichbehandlung alle ablehnen müssen.»
Livio Zanolari, Generalsekretariat EJPD (Blocher)

«Er [Leuenberger] bittet Sie um Verständnis dafür, dass er von einem finanziellen Beitrag an Ihr Projekt absehen möchte: Herr Leuenberger erhält Anfragen um Unterstützung in so grosser Zahl, dass er sein Engagement auf einige ausgewählte Institutionen beschränken muss.»
Francoise a Marca, Generalsekretariat GS-UVEK (Leuenberger)

«Im Auftrag der Informatuinschefinnen- (sic) und Informatrionschefs (sic) der sieben Departemente teile ich Ihnen mit, dass Ihre Bitte um finanzielle Unterstützung kein offenes Ohr gefunden hat.»
Hansruedi Moser, Sektion Information und Kommunikation, Bundeskanzlei

Ein Projekt, mehrere Gewinner

Natürlich finde ich die Projektidee trotz dieser nachvollziehbaren Absagen nach wie vor sinnvoll und umsetzungswürdig. Ein Grund, weshalb ich sie hier heute publiziere.

Zwar gibt es in der Schweiz unzählige Stiftungen, die auf Anfrage von Hilfswerken oder Privatpersonen einmalig Gelder sprechen. Einige davon vermitteln auch Arbeitslose im Rahmen eines sechsmonatigen Einsatzprogrammes an Nonprofitorganisationen. Letzteres allerdings ausschliesslich im Auftrag und auf Kosten von Arbeits- oder Sozialämtern, was mehrere Nachteile mit sich bringt.

Der Vermittelte bleibt weiterhin offiziell als arbeitslos gemeldet und die Taggelder werden voll angerechnet. Er muss sich im gleichen Umfang wie ohne Teilnahme an einem Einsatzprogramm um Arbeit bemühen. Ein bis zwei Tage in der Woche fehlt er am Arbeitsort, weil er Begleitkurse wie Bewerbungstraining oder Standortbestimmung besuchen muss. Findet er eine Stelle, muss er das Programm binnen Wochenfrist abbrechen. Zudem kostet der Einsatz die Arbeitslosenversicherung – beziehungsweise das Sozialamt und damit den Steuerzahler – eine ganze Stange Geld, weil neben dem versicherten Verdienst oder dem Existenzminimum auch die Kurse bezahlt werden müssen. Dies alles macht den Einsatz für eine eigentlich gute Sache teuer und ineffizient.

Besser als nichts, werden Sie vielleicht sagen. Aber warum soll man es nicht gleich gut machen?

Durch die direkte Unterstützung einer Person im Rahmen eines Projektjahres lassen sich gleich zwei (oder mehr) Fliegen mit einer Klappe schlagen. Hilfsorganisationen erhalten Zugang zu Mitarbeitern, die sich für ein Jahr voll auf ihre Aufgabe konzentrieren können. Es fallen keine Fehltage wegen Kursen oder Bewerbungsgesprächen an. Und es droht kein kurzfristiger Abbruch des Einsatzes.

Die Unterstützten ihrerseits können ein Jahr lang ohne Druck des Arbeitsamtes nach einer geeigneten Arbeit suchen. Sie entrichten weiterhin ihre Sozialabgaben und bleiben dadurch Arbeitslosenversichert. Zudem können sie sich wertvolle neue Fähigkeiten aneignen und Referenzen erarbeiten.

Natürlich kostet ein solches Projektjahr auch ein bisschen Geld. Aber in einem Land mit 185’300 Dollar-Millionären (Stand 2008) sollte sich dieses eigentlich auftreiben lassen.

Falls Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sich für ein solches Projekt begeistern können, konkrete Vorschläge haben, oder sich sogar beteiligen wollen, freue ich mich über Ihre Wortmeldung. Egal ob als Privatperson, Stiftung – oder als Politiker.

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Thema: Gesellschaft, Ideen, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Integration durch kulturellen Austausch

Donnerstag, 15. April 2010 16:09

Praktisch jede Diskussion zum Thema Migration führt früher oder später zur Forderung nach Integration. So weit, so legitim. Sofern damit nicht nur die Anstrengung des anderen gemeint ist. Integration ohne Interaktion und Kommunikation führt in eine Sackgasse. Es braucht den Willen auf beiden Seiten.

Man wird ja auch nicht vollwertiges Mitglied einer Fussballmannschaft, indem man die Spieler imitiert und etwas ähnliches wie Fussball in der nähe des Klubs spielt. Oder dadurch, dass man ein ähnlichfarbenes Trikot trägt wie die Spieler. Man muss mitspielen können. Und dürfen. Und es braucht natürlich auch mal eine Flanke von den Mitspielern, damit das Spiel in Gang kommt.

Wenn Aussenstehende zwar mitspielen sollen, aber nicht dürfen, sollte man sich nicht wundern, wenn sie sich wieder ihrem eigenen Spiel widmen. Kricket, oder was man sonst so in der Heimat kennt.

Will heissen: Wer Integration oder gar Assimilation fordert, ohne sich selber an diesem Prozess beteiligen zu wollen, verhindert die erfolgreiche Umsetzung seiner Forderung gleich selber. Dabei wäre – und ist – die berechtigte Forderung mit wenig Aufwand und ein bisschen Interesse einfach zu verwirklichen.

Aus diesem Grund möchte ich heute ein kleines, aber erfolgreiches Projekt vorstellen. Seit Anfang 2007 bietet Diwan, das Orientalische Kulturzentrum in Zürich, Schweizern und Zugezogenen aus arabischen Ländern Raum für Begegnung. Im Rahmen des gut besuchten „Arabic Speaking Club“ trifft man sich ein- bis zweimal pro Monat zu einem gemischten, geselligen Abend mit einem bunt gemischten Programm.

Das jeweilige Thema des Abends führt immer zu einem regen Austausch mit Menschen der anderen Kultur. Das fördert das Verständnis auf beiden Seiten. Ohne riesige Bürokratie. Und ohne Zwangsmassnahmen.

Wer sich für diese Art von Austausch interessiert, findet alle Informationen auf der Homepage des Kulturzentrums. Und wer weiss, vielleicht gibt es bald weitere kleine und interessante Programme aus der Bevölkerung. Zu wünschen wäre es.

Thema: Gesellschaft, Mensch, Zürich | Kommentare (0) | Autor:

Jugendgewalt

Sonntag, 28. März 2010 22:20

Kaum wird über Jugendgewalt gesprochen (Arena), kommt – Halali – von irgendwo ein Alfred Heer. Die Hatz auf Ausländer ist eröffnet.

Wäre ja noch schöner, wenn wir über die Hintergründe nachdenken müssten. Wo man doch einfach medienwirksam die bewährten Reisser “Ausländer” und “Abschieben” in die Runde werfen kann. Super Sache. Gewaltproblem gelöst.

Nun gut. Lassen wir die Schweizer Schläger für den Moment beiseite und befassen uns mit den Immigranten.

Viele Einwanderer stammen aus Kriegs- und Krisengebieten. Sie kamen – anders als in den 60ern die heute gut integrierten Italiener – nicht alle aus freien Stücken, um Geld für ein besseres Leben in der Heimat zu verdienen. Es blieb ihnen oftmals schlicht nichts anderes übrig, um das Leben der Familie zu schützen. Zumindest so lange, bis die Heimat wieder sicher genug für eine Rückkehr ist.

Die Jahre vergehen, die Kriege und Krisen bleiben. Was als Übergangslösung gedacht war, wird zum langfristigen Provisorium. Ohne Aussicht auf ein glückliches Ende. Man kann sich vorstellen, dass ein solches Leben im Wartezustand einen Menschen zermürbt.

Die Heer’sche Behauptung, wir Schweizer würden uns im umgekehrten Fall sofort der fremden Kultur anpassen, die Landessprache lernen und als Musterbeispiel für gelungene Integration vorangehen, hat mit der Realität nicht viel zu tun. Sie geht von einer falschen Vorstellung von Wahlfreiheit aus. Wohl einfach aus dem Grund, weil wir uns Krieg, Verfolgung und Vertreibung in unserer friedlichen Schweiz schlecht vorstellen können. Dennoch sollten wir versuchen, uns einmal in die Lage dieser Familien zu versetzen.

Denn in dieser täglichen Unsicherheit wächst eine zweite Generation heran. Hin- und hergerissen zwischen alter und neuer Heimat. Zwischen streng patriarchalischer Familienstruktur und liberaler Gesellschaft. Aber ohne Wurzeln. Und ohne Sicherheit.

Woran sollen sie sich orientieren? Wie ihren Platz in der Gesellschaft finden? Und in welcher Gesellschaft, wenn es morgen vielleicht doch wieder zurück geht? Kein Wunder gesellen sie sich zu anderen Jugendlichen in einer ähnlichen Situation.

Wenn wir diesen Kindern ein stabiles Fundament ohne Gewalt geben wollen, müssen wir ihnen eine Heimat und Perspektiven bieten. Hoffnung statt Drohung. Und Respekt statt Toleranz. Denn Respekt hat für diese Kinder eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.

Ohne Zweifel ist der fehlende Respekt Teil unseres Gewaltproblems. In zweifacher Hinsicht. Die unter Jugendlichen weit verbreitete Vorstellung, der andere müsse sich “den Respekt erst verdienen” führt unweigerlich zu Gewalt. Schliesslich gilt: Verschaffe dir Respekt, indem du andere verprügelst. Und verprügle, wen du nicht respektierst.

Warum zeigen wir diesen Jungen nicht einfach, dass sie auch ohne Machogehabe Anerkennung finden können? In vielen Fällen ist das gar nicht so schwer. Man muss einfach mit ihnen sprechen. Wo man sie gerade trifft. Mit ehrlichem Interesse.

Und eben auch, mit ehrlichem Respekt.

Mein Buchtipp für alle, die sich für die Geschichte auf dem Balkan interessieren: “Minenfeld Balkan. Der unruhige Hinterhof Europas” von Olaf Ihlau und Walter Mayr.

ISBN 978-3-88680-916-5

Thema: Buchtipps, Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (1) | Autor: