Ausländer – Moslem – El Kaida – Terrorist
Sonntag, 16. Mai 2010 1:58
Das menschliche Gehirn scheint es sich manchmal ziemlich einfach zu machen. Hat es komplizierte Sachverhalte zu verarbeiten, werden verwandte Begriffe oder ganze Themenkomplexe in eine grosse Schublade zusammengepackt. Super Sache, wenn man sich schnell an das Gelernte erinnern muss. Aber auch anfällig für logische Fehler, wenn’s mehr als reine Repetition sein soll.
Schnell wird aus «70 Prozent aller Straftäter in Gefängissen sind Ausländer.» der nicht ganz richtige Umkehrschluss «70 Prozent aller Ausländer sind Straftäter.»
Ein gutes Beispiel für derartige gedankliche Vereinfachung liefert SVP-Nationalrat Hans Fehr. Im Zürcher Unterländer vom 6. Mai 2010 fällt ihm zur Burka-Diskussion nur die einzige für ihn logische Verknüpfung «Burka – Selbstmordattentat» ein. Das klingt dann so: «Auch Terroristen könnten sich mit einer Burka tarnen». Weit gedacht, Herr Fehr.
Ein weiteres eindrückliches Beispiel war am 21. April 2010 auf 20min.ch zu beobachten. Der Luzerner FDP-Jungpolitiker Maurus Zeier soll (er hat das später relativiert) in einem öffentlichen Podium zum Thema Ausländerstimmrecht gerufen haben, «dass man dann genauso gut auch Tieren das Stimmrecht geben könne».
Interessant war aber nicht der Bericht, sondern die anschliessenden Forumsbeiträge. Viele Leser regten sich über die Empörung unter den anderen Podiumsteilnehmern auf. Aussagen wie «Interessant ist bloss, dass uns islamische Imame als Tiere beschimpfen dürfen» waren im Forum gut vertreten. Man erinnere sich: Es ging im Beitrag um Ausländer allgemein, nicht um Moslems. Trotzdem wurde der Begriff Ausländer im Zusammenhang mit Tieren sofort mit der Koran-Diskussion der vorangegangenen Wochen verknüpft und ohne weiteres nachdenken mit radikalen Predigern gleichgesetzt.
Gefährlich daran ist, dass man diese Fehlleistung des Gehirns für politische Zwecke missbrauchen kann. Man denke nur an George W. Bush, der «9/11 – El Kaida – Afghanistan – Irak» in öffentlichen Auftritten so lange in einem Atemzug nannte, bis jeder die Verknüpfung «9/11 – Irak» fest im Kopf verankert hatte. Der Weg für einen Angriffskrieg ohne nennenswerten Protest war geebnet. Ähnlich verhält es sich in der Schweizer Politik mit willentlichen Verknüpfungen von «Sozialhilfe» und «Schmarotzer» oder eben «Ausländer – Araber – Moslem – Terrorist»
Nehmen wir uns doch in Zukunft wieder die Zeit, erst über Worte nachzudenken, bevor wir sie verwenden oder ungeprüft einfach schlucken. Damit aus Ausländern wieder einfache Ausländer und aus Kleidung wieder einfache Kleidung wird.
Thema: Gesellschaft, Mensch, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor: thinkpunk