Sonntag, 20. Februar 2011 12:00
Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex nimmt auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa ihre Arbeit auf. Und die Schweiz steht den 50 Spezialisten – falls gewünscht – per sofort mit drei Mann zur Seite.
Das ist sehr lobenswert. Wir helfen unserem südlichen Nachbarland Italien, das gerade von Flüchtlingen überschwemmt wird. Und machen uns nach langer Zeit wieder Freunde in Europa. Während wir als Land der hohen moralischen und ethischen Standards wichtige Hilfe leisten.
Was will man mehr? Helfen ist gut. Und mit unserem Einsatz ist allen geholfen. Sollte man meinen. Aber wem wird da genau geholfen? Und was bedeutet «Helfen» in diesem Fall? Der von Frontex gewählte Name der Operation lässt viel Spielraum für persönliche Gedanken.
Operation Hermes
Drei mögliche Interpretationen:
- Hermes ist der Schutzgott des Verkehrs und der Reisenden. Schutz für die in überfüllten Fischerbooten reisenden Flüchtlinge. Ganz schön nett, freut sich der Romantiker.
- Hermes verkündet als Götterbote zudem die Beschlüsse des Zeus. Das gehört zu den Aufgaben einer Europäischen Organisation. Irgendjemand muss diesen Nordafrikanern ja sagen, was geht und was nicht. Vor allem, was nicht. Nämlich die Flucht aus dem Elend.
- Hermes führt aber auch – und hier wird’s ehrlich – die Seelen der Verstorbenen in den Hades (Unterwelt).
Zurück in die Wüste
Warum ehrlich, fragen Sie? Weil Europa schon vor Jahren Verträge über die Rückführung illegaler Einwanderer abgeschlossen hat. Mit Regierungen, die, wie beispielsweise Libyen, die Genfer Flüchtlingskonvention nicht ratifiziert haben. Und die – glaubt man verschiedenen Büchern – eigene und ganz pragmatische Vorstellungen von Rückführungen haben.
Zum Beispiel kann man die lästigen Flüchtlinge der Einfachheit halber einem gerade aus dem Süden angekommenen Schlepper übergeben. Die Vertragspartner müssen sich nicht weiter um die Heimreise kümmern. Der Schlepper hat keine unbezahlten Leerfahrten mehr. Und sollte er die Reisenden mitten in der Wüste zurück lassen, werden diese garantiert nicht schon nach kurzer Zeit wieder an der Grenze stehen. Es profitieren also alle. Sogar die Geier und andere hungrige Tiere in der Wüste.
Zynisch? Aber sowas von.
Wobei zu erwähnen bleibt, dass der Autor hier nur laut über eine mögliche Spielart der günstigen Asyl-Politik nachdenkt. Ausgedacht und umgesetzt wird das von anderen. Die sowas verhindern könnten. Wenn sie denn wollten.
Falls sie sich etwas tiefer mit dem Thema «Flüchtlinge» befassen wollen, finden Sie in den folgenden Büchern Einblicke aus verschiedenen Blickwinkeln:
«BILAL – Als Illegaler auf dem Weg nach Europa» von Fabrizio Gatti
ISBN: 978-3-888-97587-5
«Klimakriege – Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird» von Harald Welzer
ISBN: 978-3-596-17863-6