Tag-Archiv für » Arbeitslosigkeit «

Lieblingszitat des Tages – Aussteuerung

Dienstag, 8. Februar 2011 20:21

«In der Tat dürften etwa 16’000 Personen von der Revision des Arbeitslosen-Versicherungs-Gesetzes betroffen sein. Das heisst, sie könnten am 1. April ihre Ansprüche verlieren. Die Arbeitslosenkassen haben jetzt diese Personen informiert im Januar, damit sie alles daran setzen, vor dem 1. April eine Stelle zu finden. Vielen sollte das gelingen, zumal etwa 30 bis 40 Prozent dieser Betroffenen Jugendliche sind. Wir hoffen also, dass es nicht zu so vielen Aussteuerungen kommt.»

Serge Gaillard, Direktor für Arbeit Seco am 8. Februar 2011 in der Tagesschau.

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Arbeitsmarkt Januar 2011

Dienstag, 8. Februar 2011 10:53

Das SECO vermeldet gerade wieder mal Gutes: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist stabil.

Ole Ole.

Gemäss den Erhebungen waren «Ende Januar 2011 148’784 Arbeitslose bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben» Nur «148 mehr als im Vormonat.» Die Arbeitslosenquote verharrte also bei 3,8% im Berichtsmonat. Ein Grund zum Feiern.

Auch die Zeitungen frohlocken: Der Arbeitsmarkt bleibt mit 3,8% Arbeitslosigkeit in robuster Verfassung. Wie gesagt: Ole Ole. Und wie in einem älteren Beitrag berichtet: Ohje Ohje. Denn nach wie vor werden die unangenehmeren Zahlen auf dem offiziellen SECO-Dokument auf die hinteren Seiten verbannt.

Um den Faktor 12 geschönt

«1’773 Ausgesteuerte (57% der 3110 im November Ausgesteuerten) sind nicht mehr eingeschrieben […] daher nicht erfassbar», heisst es beispielsweise auf Seite 25.

Rechnen Sie diese 1’773 also ungeniert wieder zu den nur «148 mehr» dazu. Und die in den vergangenen Monaten Herausgerechneten gleich mit. Denn diese sind nur aus der Statistik verschwunden. Besuchen können Sie die Betroffenen auf dem Sozialamt in Ihrem Dorf.

Dranbleiben

Es scheint also, die Zahlen werden auch 2011 wieder geschönt und versteckt. Und die Medienpoolschaffenden schreiben zeitsparend fleissig die Schlagzeilen der Zusammenfassung ab.

Bis sich daran etwas ändert, wird der Autor hier zu Monatsanfang selber nachrechnen.

Zum Beispiel wie heute einen Vergleich der Ausgesteuertenzahlen 2009 und 2010. Weil diese gerne mal aus der Statistik fallen. Und weil es dank der Annahme der ALV-Revision demnächst einen Schub an Ausgesteuerten geben dürfte.

Ausgesteuerte Insgesamt 09 / 10

  • Januar: 1445 / 1599
  • Februar: 1872 / 2555
  • März: 1837 / 2287
  • April: 1512 / 1765
  • Mai: 1518 / 2561
  • Juni: 1849 / 2157
  • Juli: 1648 / 1692
  • August: 1488 / 2385
  • September: 2227 / 2370
  • Oktober: 1781 / 2579
  • November: 2216 / 2534
  • Dezember: 1976 / 2104
  • Summe: 21’369 / 26’588

Ergibt ein Plus von 5219 oder +24,42% Ausgesteuerte im Jahresvergleich.

Ausgesteuerte nicht mehr erfasst 09 / 10

  • Januar: 760 / 892
  • Februar: 910 / 1344
  • März: 916 / 1188
  • April: 749 / 982
  • Mai: 788 / 1384
  • Juni: 958 / 1256
  • Juli: 952 / 1014
  • August: 844 / 1334
  • September: 1124 / 1358
  • Oktober: 949 / 1488
  • November: 1167 / 1443
  • Dezember: 1028 / 1245
  • Summe: 11’145 / 14’928

Ergibt ein Plus von 3783 oder + 33,94% nicht mehr erfasster Ausgesteuerter im Jahresvergleich.

Wollen wir den Vergleich noch um die aktuellen Zahlen aus Januarbericht ergänzen?

  • Januar 09, 10, 11 insgesamt: 1445 / 1599 / 3110
  • Januar 09, 10, 11 nicht mehr erfasst: 760 / 892 / 1773

Als kleiner Denkanstoss, wenn wir demnächst von einem massiven Rückgang der Arbeitslosigkeit lesen. Und der eine oder andere Politiker sich für diesen «Aufschwung» vom Fussvolk ausgiebig feiern lassen wird.

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Thema: Arbeitsmarkt, Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Lieblingszitat des Tages – SECO

Sonntag, 14. November 2010 19:41

«Ganz nach dem Motto „Hauptsache Arbeit“ bekämpft die Schweizerische Arbeitsmarktbehörde mit ihren Partnern die Arbeitslosigkeit.»

SECO – Direktion für Arbeit auf treffpunkt-arbeit.ch

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Blogger gegen Arbeitslosigkeit

Donnerstag, 30. September 2010 18:53

Über Arbeitslosigkeit lässt es sich vortrefflich schreiben. Und endlos, da sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt zwar verändert, aber nicht wirklich verbessert. Man dreht sich irgendwann im Kreis. Nicht zuletzt nach der Abstimmung zur ALV-Revision von letzter Woche.

Drum habe ich beschlossen, als Blogger selber einen bescheidenen Beitrag gegen die Arbeitslosigkeit und für Stellensuchende zu leisten.

Jeder von uns kennt in seinem erweiterten Bekanntenkreis jemanden ohne Stelle. Jemanden, der/die zwar etwas kann und auch bereit ist, die Ärmel hochzukrempeln, aber «nur» langjährige Erfahrung statt Ausbildung und Weiterbildungen anzubieten hat.

Oft Ausländer. Meistens ohne Zugang zu Netzwerken innerhalb wie ausserhalb des Internets.

Warum nicht die Reichweite des eigenen Blogs für diese Menschen zur Verfügung stellen? Kostet nicht viel Aufwand. Kann aber einiges bewirken.

Und Sie lieber Leser, können es mir gleich tun, wenn Sie selber einen Blog oder eine private Homepage betreiben. Wer weiss, wer von Ihren Lesern jemanden kennt, der jemanden kennt…

Nachmachen erlaubt. Freunden erzählen erwünscht. Auch auf Facebook. Wäre doch was, wenn auf jedem Blog ein «Blogger für Stellensuchende» zu finden wäre.

Den Anfang bei mir macht heute Mahendran, aus der Umgebung von Zürich. Weitere werden folgen.

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Gedanken zur ALV-Revision III

Sonntag, 12. September 2010 12:47

Es geistern so viele Halbwahrheiten zur anstehenden Abstimmung durch die offiziellen Parteikanäle, dass man gar nicht weiss, wo man mit kopfschütteln beginnen soll. Schauen wir uns heute die Wahrheiten derer an, die sich für einen «stärkeren Werk-, Finanz- und Forschungsplatz Schweiz» einsetzen. Und für einen bürgerfreundlicheren Staat.

«Die Liberalen setzt sich für eine gesunde Arbeitslosenversicherung ein, welche schnell, unbürokratisch und gezielt Personen hilft, die ihren Job verloren haben.»

So weit, so gut. Wenn es sein muss, wird dem unverschuldet Arbeitslosen geholfen.

«Die ALV darf aber kein Tummelbecken für Arbeitsscheue sein oder zu Arbeitslosentourismus animieren.»

Keine Unterstützung arbeitsscheuer Arbeitsloser. Den Grossteil direkter Zahlungen eingespart. Problem gelöst. Es sei denn, die meisten Erwerbslosen sind die ehrlichen Personen, denen gezielt geholfen werden soll.

Macht aber auch nichts. Wer mit der Forderung wie «Leistungsorientierung von der Grund- bis zur Hochschule» das Patentrezept gegen Wirtschaftskrisen kennt, hat noch weitere gute Argumente in der Hinterhand.

«Heute setzt die Arbeitslosenversicherung falsche Anreize. Zu lange bleiben deswegen Arbeitslose ohne Job.»

Die Welt ist grundsätzlich einfach. Wer mag, kann zum Spass auf der FDP-Homepage die Erwähnung der Forderung nach «Vereinfachung» zählen.

«Die Fairness verlangt jedoch, dass diese rasch eine zumutbare Beschäftigung annehmen.»

Und zwar jede. Ein Schelm der an die Vorteile von Niedrigstlöhnen denkt.

«Dank längeren Wartezeiten, einer stärkeren Koppelung von Beitragsdauer und Beitragszeit sowie einer kürzeren Bezugsdauer bei Jugendlichen wird dies erreicht.»

Längere Wartezeit, kürzere Bezugsdauer. Et Voilà, praktisch jeder der aktuell 142’879 bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren eingeschriebenen Arbeitslosen findet eine Stelle. Der Rest wird ausgesteuert.

Man darf sich fragen, warum sich die FDP weiterhin für einen attraktiven Standort mit tiefen Sozialabgaben und Steuern stark macht, der Unternehmen anzieht und Arbeitsplätze schafft.

«Zudem wird das unsinnige Pendeln zwischen staatlichen Beschäftigungsprogrammen und Arbeitslosenversicherung verhindert.»

Und zugleich wird – man erinnere sich an die Forderung nach «Leistungsorientierung» – das Angebot der berufliche Qualifizierung und Wiedereingliederung faktisch versenkt. Ohne Erarbeitung von Beitragszeiten werden Beschäftigungsprogramme unattraktiv. Für die Ämter.

Will sagen, wie meist bei einfachen Lösungen ist auch diese kontraproduktiv. Der eingangs genannte «Arbeitsscheue» muss bei einem «Ja» keinen Kurs mehr besuchen. Der an Kursen interessierte Lern- und Leistungswillige wird es schwieriger haben, einen bewilligt zu bekommen.

«Die Grundleistungen der ALV bleiben jedoch weiterhin gewährleistet!»

Zu Sätzen mit Ausrufezeichen habe ich mich an anderer Stelle schon geäussert.

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Gedanken zur ALV-Revision Teil II

Donnerstag, 9. September 2010 22:36

Nur noch zwei Wochen, bis wir darüber abstimmen können, wie die Schulden der Arbeitslosenversicherung in Höhe von über 7 Milliarden Franken abgebaut werden sollen.

Ahnend, dass «Schuldenabbau» igendwie mit «Sparen» in zusammenhang gebracht werden könnte, habe ich die letzten Wochen schon mal damit begonnen und die Hosenträger etwas höher geschnallt. Vielleicht kann ich ja meine persönliche Schuld gleich mit einer einzelnen Zahlung begleichen. Man müsste nur kurz ausrechnen, was das kostet. Habe ich natürlich gemacht.

Falls auch Sie gleich einen Einzahlungsschein ausfüllen möchten, hier die Zahlen.

Ende 2009 hatte die Schweiz eine ständige Wohnbevölkerung (Quelle bfs.admin) von 7.785.800. Alle davon zur Kasse zu bitten wäre wohl unfair. Deshalb nehme ich mir das Recht heraus, Kleinkinder, Schüler, Lehrlinge und Senioren zu verschonen. So bin ich. Bleibt also die Altersgruppe 20-64 Jahre (62.1%). In Zahlen gerundete 4.834.982 Personen.

Die geschuldeten 7 Mia durch die gerundeten 4.834.982 Menschen ergibt pro Kopf einen Betrag in Höhe von CHF 1447,78. Ich glaube, das kann ich mir leisten. Wären da nicht die anderen Schulden für offenbar noch viel wichtigere Staatsausgaben, die ich irgendwann auch noch löhnen muss.

Schuldenuhr Schweiz

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Lieblingszitat des Tages – ALV

Freitag, 20. August 2010 6:50

«Ich bin natürlich glücklich, dass sich die Arbeitslosenzahlen seit sechs Monaten wieder abwärts bewegen.»

Bundesrätin Doris Leuthard (EVD). Einleitender Satz in einem Interview zum Thema ALV-Revision im Zürcher Unterländer vom 19. August 2010.

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Gedanken zur ALV-Revision Teil I

Donnerstag, 19. August 2010 19:53

In knapp einem Monat findet die Volksabstimmung zur nächsten Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG) statt. Abzustimmen gilt es am 26. September 2010 über die Art, wie das Defizit der Arbeitslosenversicherung in Höhe von sieben Milliarden Franken abgebaut werden soll. Dies mit einer möglichst fairen Lösung, wie alle Beteiligten betonen.

Klingt zunächst annehmbar. Doch wie gewohnt liegen die Vorstellungen von Fairness zwischen links und rechts weit auseinander. Höchste Zeit also, sich mit den Argumenten der Parteien zu befassen. Heute zunächst mit den ersten Wortmeldungen der bürgerlichen Parteien.

Never change a Killerargument

Das «überparteiliche Komitee» aus CVP, FDP, BDP, glp und SVP sagt:
Ja bedeutet, dass wir deutlich mehr im Portemonnaie haben.

Die CVP kopiert vorerst einfach das Communiqué zur Pressekonferenz des Komitees:
Höhere Lohnabzüge stoppen – Sichere Arbeitslosenversicherung JA

Die FDP meint auf Ihrer Homepage und auf Plakaten:
Ohne Revision: Weniger Lohn!

Die BDP auf der Homepage etwas verwirrend:
Die BDP wird die Parole an der DV vom 21. August in Solothurn fassen.

Die Grünliberalen verweisen auf das Komitee:
Ja bedeutet, dass wir deutlich mehr im Portemonnaie haben.

Die SVP für einmal etwas weiter ausholend:
Eine Erhöhung der Lohnabzüge um +0.5 Prozent [würde] den wirtschaftlichen Aufschwung in der Schweiz gefährden und auch die arbeitenden Personen und Familien mit tiefen Einkommen übermässig in die Pflicht nehmen.

Nach einem ersten Überblick scheint mir, das Killerargument der Befürworter zielt wieder einmal auf meine notorisch klamme Brieftasche. Das funktioniert immer. Deshalb habe ich sicherheitshalber kurz mal nachgerechnet, ob ich mir morgen mein geliebtes Bauernfrühstück noch leisten kann.

So viel wird im Portmonee fehlen

Um einem möglichen Zahlenchaos vorzubeugen ein Hinweis zur Berechnung: Die Parteien verwenden in ihrer Argumentation die Prozentzahlen der Gesamtabzüge, also Arbeitnehmer plus Arbeitgeber (bisher 2%, bei Annahme 2,2%, bei Ablehnung 2,5%). Da der Arbeitnehmer jedoch nur die Hälfte davon bezahlt, teile ich die angegebenen Zahlen durch zwei. Schliesslich geht es ja um mein Stimmbürger-Portmonee.

Die Zahlen:

Heute wird dem Arbeitnehmer 1 Prozent des Bruttolohnes abgezogen.

  • Bei einem Ja) bezahlen wir 0,1% mehr, also 1,1%.
  • Bei einem Nein) kostet uns die Versicherung 0,25% mehr, also 1,25%

Bei einem Durchschnittseinkommen von 5800 Franken, macht das bei

  • Variante Ja) ein Plus von Fr. 5.80 / Monat
  • Variante Nein) ein Plus von Fr. 14.50 / Monat
  • Differenz von Ja und Nein: Fr. 8.70 im Monat.

Da es laut SVP auch um das Partmonee der «Personen und Familien mit tiefen Einkommen» geht, habe ich das ganze noch mit einem durchschnittlichen Lohn im Verkauf von 3600.– Franken Brutto durchgerechnet.

  • Variante Ja) 0,1% von Fr. 3600.– = Fr. 3.60 / Monat
  • Variante Nein) 0,25% von Fr. 3600.– = Fr. 9.– / Monat
  • Differenz von Ja und Nein: Fr. 5.40 im Monat.

Zwischenbilanz: Der Preis für ein Nein liegt für den Durchschnittsschweizer irgendwo zwischen fünf und zehn Franken im Monat.

Diesen massiven Eingriff in meine Finanzplanung muss ich erst einmal sacken lassen. Sobald ich mich davon erholt habe, werde ich mich hier auch noch mit den Konsequenzen für die von Arbeitslosigkeit betroffenen beschäftigen.

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Die Arbeitslosigkeit sinkt – statistisch

Freitag, 6. August 2010 16:13

Heute ist den Medien endlich wieder einmal etwas erfreuliches in Sachen Arbeitslosigkeit zu entnehmen. Der positive Trend der vergangenen Monate setzt sich fort, die Arbeitslosigkeit in der Schweiz ist weiter rückläufig.

2,1 Prozent weniger Arbeitslose

Tatsächlich findet sich in der zitierten Pressedokumentation des Seco vom 6. August 2010 in der Kurzübersicht zur Arbeitslosigkeit im Juli 2010 (PDF) auf Seite 4 folgende Zusammenfassung:

«Gemäss den Erhebungen des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO waren Ende Juli 2010 142’330 Arbeitslose bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingeschrieben, 2’143 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank damit von 3,7% im Juni 2010 auf 3,6% im Berichtsmonat. Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Arbeitslosigkeit um 3’034 Personen (-2,1%)[Hervorhebung durch mich]

Was will man mehr? Dieser anhaltende Aufschwung ist doch wirklich wieder mal ein Grund zur Freude. Es geht aufwärts mit der Schweiz. Der Wohlstand für alle rückt zurück in greifbare Nähe. Gleich hole ich den Champagner aus dem Keller.

Arbeitslosigkeit als statistische Definitionsfrage

Manchmal reicht allerdings ein Blick über die Kurzübersicht hinaus, um zu einem anderen Bild zu gelangen. Auf Seite 25 des eingangs zitierten Dokumentes ist unter der [Tabelle 14: Aussteuerungen aus der Arbeitslosenversicherung] folgendes zu Lesen:

«Von den im Mai ausgesteuerten Personen haben bis Ende Juli 218 Personen oder 13% eine neue Stelle gefunden. 460 Personen oder 27% sind weiterhin bei einem RAV registriert und bleiben damit als arbeitslos oder stellensuchend erfasst. Sie haben die Möglichkeit, weiterhin von den Dienstleistungen der RAV und den angebotenen arbeitsmarktlichen Massnahmen zu profitieren. 1’014 Ausgesteuerte (60%) sind nicht mehr eingeschrieben (ein späterer Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt oder der Rückzug davon sind daher nicht erfassbar)» [Hervorhebung durch mich]

Die herausgerechneten Ausgesteuerten

Schauen wir uns also einmal die EVD/SECO-Zahlen (jeweils Seite 25) der nicht mehr erfassten Ausgesteuerten an:

  • Juli 2010: 1’014 Ausgesteuerte (60%)
  • Juni 2010: 1’256 Ausgesteuerte (58%)
  • Mai 2010: 1’384 Ausgesteuerte (54%)
  • April 2010: 982 Ausgesteuerte (56%)
  • März 2010: 1‘188 Ausgesteuerte (52%)
  • Februar 2010: 1‘344 Ausgesteuerte (53%)
  • Januar 2010: 892 Ausgesteuerte (56%)
  • Dezember 2009: 1‘028 Ausgesteuerte (52%)
  • November 2009: 1‘167 Ausgesteuerte (53%)
  • Oktober 2009: 949 Ausgesteuerte (53%)
  • September 2009: 1‘124 Ausgesteuerte (50%)
  • August 2009: 844 Ausgesteuerte (57%)

Das ergibt seit Juli 2009 zusammengerechnet ein Plus von 13.172 nicht mehr erfasster Arbeitsloser, im Gegensatz zu dem vom Staatssekretariat für Wirtschaft genannten Minus von 3034 (erfassten) Arbeitslosen. Netto also ein sattes Plus von insgesamt 10.138 Arbeitslosen in einem einzigen Jahr. Das sieht schon nicht mehr ganz so rosig aus.

Mag sein, dass von diesen Langzeitarbeitslosen einige wenige eine Stelle gefunden haben. Aber selbst dann ist die Zahl noch zu hoch, um von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit sprechen zu können. Erst recht, wenn man bedenkt, dass man für eine unverfälschte Zahl der Erwerbslosen die Ausgesteuerten der Vorjahre dazuzählen müsste, da Langzeitarbeitslose oft längere Zeit von der Sozialhilfe abhängig bleiben.

Anstatt alles in Butter gibt’s heute also doch eher Pustekuchen. Und wie die Grafik oben links zeigt, ist noch dazu der Anteil der Langzeitarbeitslosen am Total der Arbeitslosen in den vergangenen Monaten stark angestiegen.

Ein dickes Hmmmmm betreffend 4. Teilrevision der ALV

Mit der Annahme der 4. Teilrevision der ALV dürfte sich dieser Trend in Zukunft noch verstärken. Wie dem «Factsheet: Die wichtigsten Änderungen» (PDF) zur bevorstehenden Abstimmung über die Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu entnehmen ist, soll ein Teil der Einsparungen durch das noch frühere Abschieben der Langzeitarbeitslosen in die Sozialhilfe erreicht werden.

Falls Sie sich demnächst also konkrete Gedanken über das Für und Wider der 4. Teilrevision machen, sollten Sie diese Zahlen mindestens im Hinterkopf behalten. Ein schnellerer Abstieg in die Sozialhilfe verbessert vielleicht die Statistik. Den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt erleichtert der soziale Abstieg nicht.

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ALV-Sanierung auf Kosten der Arbeitslosen

Donnerstag, 13. Mai 2010 18:12

Einmal mehr zeigen die Bürgerlichen, wie man schwierige Probleme auf einfache Art löst. Auf dem Rücken der Betroffenen. Bei der geplanten Sanierung der Arbeitslosenversicherung, folgerichtig auf dem der Arbeitslosen. Mit dem schönen Nebeneffekt, gleich noch die Arbeitslosen-Statistik durch abschieben der Versicherten in «egal welchen» Job oder deren abgleiten in die Sozialhilfe schönen zu können.

Geht es nach CVP, FDP und SVP, soll bei den Arbeitslosen wie schon bei der letzten Revision 2002 durch massive Kürzungen der Bezugsdauer gespart werden. Statt 400 sollen Versicherte mit 12 Monaten Beitragszeit in Zukunft nur noch 260 Taggelder (ein Jahr) erhalten. Unter 25jährige sogar nur 200. Am liebsten würde man mit einer degressiven Kürzung der Taggeldhöhe bei Langzeitarbeitslosen auch noch einen weiteren Anreiz schaffen, sich intensiver um die Arbeitssuche zu kümmern.

Dabei wird der Arbeitslose schon heute bei jeder Gelegenheit an seine «Schadensminderungspflicht» gegenüber der Arbeitslosenversicherung erinnert. Wer sich beispielsweise nicht um eine «angemessene» und schriftlich festgehaltene Anzahl an Bewerbungen pro Monat bemüht, wird mit 1 bis 60 Einstelltagen bestraft. Das heisst, mit voll auf das Taggeldguthaben angerechneten Tagen, die aber nicht ausbezahlt werden. Dabei ist es irrelevant, ob es in diesem Monat auch wirklich genügend «zumutbare» Stellen gab. Das neue automatisierte Abrechnungs- und Kontrollsystem kennt keine Ausnahmen.

Durch solche und andere Druckmittel und Androhung von Zwangsmassnahmen bei Nichteinhaltung werden Arbeitslose dazu gezwungen, sich um alle «zumutbaren» – sprich, alle möglichen und unmöglichen – Stellen zu bewerben. Leider finde ich die Quelle nicht mehr, aber kürzlich wurden Zahlen veröffentlicht, die belegen, dass eine hohe Zahl ehemaliger Arbeitsloser sich schon nach drei bis neun Monaten nach Stellenantritt erneut arbeitslos melden. Kein Wunder hat die Bürgerliche Strategie schon in den vergangenen Jahren nichts zur Entlastung der Arbeitslosenversicherung beigetragen.

Schlimmer noch. Die amtliche Fixierung auf Quantität statt Qualität der Bewerbungen hat weitreichende und vor allem kontraproduktive Auswirkungen auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Wie mir bekannte Personalverantwortliche bestätigen, melden sich vermehrt stellenlose, klar ungeeignete Kandidaten auf Stellenausschreibungen. Dies bedeutet zunächst einmal einen massiven Mehraufwand, die Flut an Bewerbungen nur schon zu sortieren. Stellt sich dann im Gespräch heraus, dass Bewerber sich melden mussten, vielleicht sogar weil sie eine Zuweisung durch das Arbeitsamt erhielten, wird die Angabe «Stellensuchend» im Lebenslauf früher oder später schon in der ersten Sichtungsphase zum Ausschlusskriterium. Der interessierte und fähige Bewerber ohne Anstellung wird gleich zweifaches Opfer der Arbeitsamt-Strategie.

Wenn man unbedingt sparen will, statt sinnvoll zu investieren, sollte man damit nicht bei den Taggeldern, sondern bei den unzähligen sinnlosen, aber vorgeschriebenen Kursen beginnen. Kurse, die heute jeder Arbeitslose nach einer gewissen Zeit besuchen muss. So wird zum Beispiel jeder – selbst der ausgebildete Personalberater – nach wenigen Monaten automatisch und obligatorisch zu mehrwöchigen Bewerbungstrainingskursen geschickt. Wo er lernen soll, wie man sich richtig bewirbt. Oder ein mir bekannter Schweisser nach 30 Jahren Berufserfahrung in einen Schweisskurs geschickt, um ein spezielles Schweisser-Zertifikat zu erwerben. Kurz vor der Pensionierung.

Natürlich verspricht der Rasenmäher über den Köpfen der Arbeitslosen auf den ersten Blick grössere Einsparungen. Aber die Konsequenzen werden – und tun es, wie gerade geschildert schon heute – das Gegenteil bewirken.

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