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Arbeitsmarkt September 2011

Freitag, 7. Oktober 2011 16:31

Die aktuellen Zahlen über die Lage auf dem Arbeitsmarkt im September 2011 sind da. Und die SECO-Pressedokumentation lässt einige Medien wieder ein bisschen jubeln.

Gegenüber dem Vorjahr habe die Zahl der Arbeitslosen um 20,5 Prozent abgenommen, freut sich beispielsweise 20 Minuten online in fetten Lettern. Auch der Teletext des Schweizer Fernsehens hebt hervor, dass gegenüber September 2010 die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen um «satte 20,5% abgenommen» habe.

Screenshot Teletext vom 7. Oktober 2011

Déjà-déjà-déjà-déjà-déjà-vu, beziehungsweise Déjà-déjà-déjà-déjà-déjà-vu, denkt man sich da. Und stellt der satten Jubel-Zahl kopfschüttelnd wieder einmal eine andere offizielle Darstellung gegenüber.

Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung

Quelle: SECO-Pressedokumentation vom 7.10.2011, Seite 25

Und weil wir hier keinen falschen Eindruck erwecken wollen, ziehen wir die weiterhin beim RAV gemeldeten – und damit noch in der Statistik erfassten – Ausgesteuerten ab. Bleiben dann:

Nicht mehr beim RAV erfasste Ausgesteuerte (Monat) / Gemeldet

  • 1.488 (August) / Oktober 2010
  • 1.443 (September) / November 2010
  • 1.245 (Oktober) / Dezember 2010
  • 1.773 (November) / Januar 2011
  • 1.775 (Dezember) / Februar 2011
  • 1.428 (Januar) / März 2011
  • 1.467 (Februar) / April 2011
  • 8.087 (März) / Mai 2011
  • 1.728 (April) / Juni 2011
  • 1.809 (Mai) / Juli 2011
  • 1.858 (Juni) / Auguste 2011
  • 1.532 (Juli) / September 2011
  • 25.633 Ausgesteuerte in den letzten 12 Monaten

Wir rechnen: 28.696 (die genannten 20,5%) «Arbeitslose weniger» minus 25.633 nicht mehr erfasste Ausgesteuerte = 3.063 weniger eingeschriebene Arbeitslose seit September 2010.

Und schon werden aus satten 20,5% weniger satte 2,2%.

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Arbeitsmarkt August 2011

Freitag, 9. September 2011 1:12

Die aktuelle Seco-Pressedokumentation über die Lage auf dem Arbeitsmarkt im August scheint den im letzten Monat beobachteten Trend zu weniger freien Arbeitsplätzen zu bestätigen. Die Zahl der beim RAV gemeldeten offenen Stellen sank um 571 auf 18.584, während sich diejenige der Arbeitslosen im Zwischenverdienst um weitere 673 (-2,3%) auf 28.540 reduzierte.

Beim durchblättern der Dokumentation fiel dem Schreibenden – die öffentliche Meinung über die schlecht ausgebildeten Arbeitslosen im Hinterkopf – aber noch etwas anderes ins Auge.

Registrierte Arbeitslose nach der zuletzt ausgeübten Funktion August 2011

Ein Kuchendiagramm auf Seite 18 teilt die Arbeitslosen anhand der zuletzt ausgeübten Funktion in drei Kategorien ein. Das erstaunliche an dieser Grafik: Nur 26,3% hatten eine Hilfsfunktion inne. Den weitaus grösseren Anteil von 63% machen Arbeitslose mit einer Fachfunktion aus.

Die Verteilung seit 2003

Die Durchsicht sämtlicher verfügbarer Daten* zeigt, dass der Anteil der Facharbeiter zwar schon seit Erhebungsbeginn im Juni 2003 mit 54,5% ziemlich hoch lag und zunächst stabil um die 53-55% herum oszillierte (siehe Grafik 2), doch erst Mitte 2009 kontinuierlich um knappe 10% auf die aktuellen 63% im August 2011 anstieg.

Grafik 2. Registrierte Arbeitslose nach der zuletzt ausgeübten Funktion. Anhand der Seco-Daten erstellt. Copyright by thinkpunk. Darf unter Angabe der Quelle ohne spezielle Genehmigung verwendet werden.

Ein Grund für diesen Anstieg sind möglicherweise gut ausgebildete Fachkräfte aus der EU, die mit dem 3. Schritt zur vollen Personenfreizügikeit ab 2007 (Nichtanwendung der Kontigentierung und vorläufig freier Zugang zum CH-Arbeitsmarkt für EU-Bürger) in den letzten Jahren in die Schweiz einwanderten.

Laut Vimentis, der «neutralen Politikplattform der Schweiz» stammt ein Grossteil der Einwanderer aus Deutschland und Portugal, wobei die meisten dieser Arbeitskräfte gut ausgebildet sind. Über 50% der Zuwanderer haben eine Hochschule abgeschlossen und mehr als 80% verfügen über einen Lehrabschluss oder eine Matura (Sekundarstufe II).

Auch das Wirtschaftswissenschaftliche Zentrum (WWZ) der Universität Basel bescheinigt den Zuwanderern des Jahres 2009 eine gute schulische wie berufliche Qualifikation.

Grafik 3. Die Qualifikationen der FZA-Zuwanderer des Jahres 2009 nach Herkunft. Quelle Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum (WWZ) der Universität Basel

Vergleichen wir die schrittweise Einführung der Personenfreizügikeit 2002, 2004, 2007 und 2009 mit dem Zeitablauf der Kurvenbewegung arbeitsloser Fachkräfte (Grafik 2), stellen wir fest, dass die Kurve der arbeitslosen Fachpersonen kurz nach der uneingeschränkten Freizügigkeit im Jahr 2007 ansteigt.

Ob diese beiden Kurven kausal zusammenhängen, ist mangels genauerer Daten schwer zu sagen. Deshalb, lieber Leser, diesen möglichen Zusammenhang nicht einfach unhinterfragt übernehmen.

Sollte es andere einleuchtende Begründungen oder genauere statistische Zahlen geben, freut sich der Autor über eine kurze Wortmeldung.

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* Die folgenden Zahlenreihen sind den Seco-Pressedokumentationen seit 2003 entnommen und bilden die Grundlage der im Text angegebenen Durchschnittszahlen von Juni 2003 bis August 2011.

| Fachfunktion | Hilfsfunktion | Andere |

2003

| 54,5 | 33,4 | 12,1 | Juni

[…]

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Arbeitsmarkt Juli 2011

Montag, 8. August 2011 14:07

Die neuen Arbeitslosenzahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft sind da. Wie erwartet gibt es auch diesen Monat keine Überraschungen bei der Arbeitslosenquote. Deshalb wenden wir uns heute einer anderen statistischen Zahl zu. Den «registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden».

SECO-Bericht im Juli 2011

  • Insgesamt 162.530 Stellensuchende registriert
  • Insgesamt 109.200 Arbeitslose gemeldet

Was auf den ersten Blick verwirrt, ist schnell erklärt. Stellensuchende sind nicht zwingend arbeitslos. Was nicht heisst, dass registrierte (aber offiziell «nicht arbeitslose») Stellensuchende mehrheitlich auch eine feste Arbeit haben. Vielmehr gehören dazu laut SECO einfach alle Personen, «die bei einem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum registriert, jedoch – im Unterschied zu den Arbeitslosen – entweder nicht sofort vermittelbar sind oder aber über eine Arbeit verfügen.»

Gemeint sind damit schlicht Personen, die aus Sicht des RAV nicht sofort eine neue Stelle antreten können, da sie sich zum Beispiel während der Arbeitslosigkeit einen zeitlich befristeten Zwischenverdienst erarbeiten oder ein Programm zur vorübergehenden Beschäftigung absolvieren. Aber auch kranke Stellensuchende oder solche im Militärdienst zählen zu dieser Kategorie. Das sind nicht wenige.

Anteile der registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden Juli 2011

Grafik des SECO. Entnommen der Pressedokumentation Juli 2011.

Würden wir nur schon die Personen im Zwischenverdienst, Umschulung / Weiterbildung und in Programmen zur vorübergehenden Beschäftigung zu den offiziell Arbeitslosen hinzuzählen, stiege diese Zahl auf einen Schlag um satte 36.637 auf 145.873 Arbeitslose. Was dann für den aktuellen Zeitraum einer Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent (statt der veröffentlichten 2,8) entsprechen würde. Dies aber nur nebenbei.

Interessanter als die schiere Menge dieser registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden ist deren Entwicklung über die letzten Monate hinweg.

2010 bewegte sich deren Anzahl ohne grössere Ausreisser im Schnitt um die 63.538. Davon 33.896 in einem Zwischenverdienst und 8.555 in einem Programm zur vorübergehenden Beschäftigung (Die Zahlen dazu finden Sie am Ende des Beitrages).

Anfang April 2011 brachen diese Zahlen plötzlich ein. Von April bis Juli sank die Gesamtzahl von den genannten 63.538 auf durchschnittlich 55.693 Personen. Ein Minus von Insgesamt 7.845. Davon -3923 in einem Zwischenverdienst und -1635 in einem Programm zur vorübergehenden Beschäftigung.

Was könnte das bedeuten? Dass die Programme zur vorübergehenden Beschäftigung nach der ALV-Revision aus Kostengründen zurückgehen würden, war abzusehen. Dass aber auch die Zwischenverdienstmöglichkeiten einbrechen, könnte auf etwas anderes hinweisen. Möglicherweise ist der Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten dermassen ausgetrocknet, dass sogar temporäre Stellen für einen Zwischenverdienst immer schwieriger zu finden sind.

Diese Annahme wird von der Entwicklung der bei den im Juli bei den RAV gemeldeten offenen Stellen offenbar gestützt. Diese verringerte sich trotz angeblich stabilem Wirtschaftswachstum und sinkenden Arbeitslosenzahlen im Juli 2011 um 2.038 auf 19.155 Stellen. Zum Vergleich: Januar +2414, Februar +3043, März +1035, April -768, Mai +585, Juni -623.

Während sich also der Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) Bundesrat Schneider-Ammann und Serge Gaillard vom SECO Gedanken über mögliche Konsequenzen des starken Schweizer Franken auf den Stellenmarkt machen, hat sich das Angebot auf dem Markt längst nach unten bewegt.

Natürlich können diese Werte auch auf ganz andere Gründe zurückzuführen sein. Bestätigende oder widerlegende Angaben von Stellenvermittlern sind deshalb willkommen.

Die Zahlen im Detail

Hier nun die Grundlage der Berechnungen über die Entwicklung bei den registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden. Die Zahlen sind den SECO-Pressedokumentationen entnommen. Berechnungen durch den Blogautor.

(rnS = registrierte nichtarbeitslose Stellensuchende. ZV = Zwischenverdienst. PvB = Programm zur vorübergehenden Beschäftigung.)

2011  rnS / ZV / PvB

  • Jan 62.132 / 32.808 / 8.695
  • Feb  62.664 / 33.134 / 8.754
  • Mrz 62.932 / 33.340 / 8.576
  • —Einbruch—
  • Apr 57.593 / 30.866 / 7.454
  • Mai 56.485 / 30.199 / 7.380
  • Jun 55.364 / 29.614 / 6.942
  • Jul 53.330 / 29.213 / 5.903
  • — Durchschnitt Apr – Jul 2011 —
  • Ø 55.693 / 29.973 / 6.920

2010 rnS / ZV /PvB

  • Jan 60.552 / 31.690 / 8.438
  • Feb 62.668 / 32.609 / 8.993
  • Mrz 65.465 / 34.045 / 9.451
  • Apr 65.234 / 34.114 / 9.300
  • Mai 64190 / 34.025 / 9.067
  • Jun 64.797 / 34 946 / 8.720
  • Jul 63.274 / 35.133 / 7.796
  • Aug 62.110 / 34.412 / 7.671
  • Sep 62.734 / 34.233 / 8.107
  • Okt 63.310 / 33.750 / 8.331
  • Nov 65.047 / 34.205 / 8.666
  • Dez 63.073 / 33.591 / 8.123
  • — Durchschnitt 2011 —
  • Ø 63.538 / 33.896 / 8.555
Differenz im Durchschnitt 2010 / April bis Juli 2011
  • 63.538 / 33.896 / 8.555
  • 55.693 / 29.973 / 6.920
  • — Differenz Ø —
  • 7.845 / 3.923 / 1.635


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Arbeitsmarkt Juni 2011

Freitag, 8. Juli 2011 11:00

Die neuen Arbeitslosenzahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft sind da. Nicht viel Neues im Vergleich zu den vergangenen Monaten. Drum sei an dieser Stelle für einmal ausser rohen Zahlen und Fakten nichts erhellendes angeführt. (Glatt gelogen. Siehe unten.) Zunächst aber:

Arbeitslosigkeit im Juni 2011

  • Ende Juni 2011 waren 110.378 Arbeitslose bei den RAV eingeschrieben
  • 4.306 weniger als im Vormonat
  • die Arbeitslosenquote sank von 2,9% im Mai auf 2,8% im Juni
  • geschätzter Effekt der Änderungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz rund 700 Personen

Aussteuerungen im April 2011

  • Gemäss vorläufigen Angaben der Kassen 3.063 ausgesteuerte Personen

Mehr kann man dazu nicht sagen, ohne den treuen Leser oder sich selber zu langweilen. Drum möchte hier eine andere Zahl zur Ergänzung des Überblicks über die Situation auf dem Arbeitsmarkt kurz erwähnt werden.

Sozialhilfebezüger im Jahr 2009

gemäss Medienmitteilung des Bundesamtes für Statistik

  • wurden 2009 230.019 Personen mit Sozialhilfe unterstützt
  • das entspricht einer Sozialhilfequote von 3 Prozent
  • im Jahr 2008 betrug die Sozialhilfequote 2,9 Prozent

Leider gibt es im Moment offenbar keine aktuellere Zahlen. Aber wenn wir die Entwicklung der Zahlen nicht mehr erfasster Ausgesteuerter der letzten Jahre anschauen, können wir uns ein grobes Bild machen.

  • allein im Jahr 2009 plus 11.145 Ausgesteuerte
  • allein im Jahr 2010 plus 14.928 Ausgesteuerte

Und die Zahlen werden nach der ALV-Revision nicht besser werden. Man bedenke, dass zu den 16.000 geschätzten zusätzlichen Ausgesteuerten nach April 2011 dank kürzerer Bezugsdauer jeder, der bis vor kurzem noch als Langzeitarbeitsloser in der Statistik aufgeführt worden wäre, früher aus der Statistik fällt.

Vielleicht sollte ich mich damit demnächst einmal genauer auseinandersetzen.

Hinweise zu Quellen sind willkommen.

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Arbeitsmarkt Mai 2011

Mittwoch, 8. Juni 2011 15:08

Wie immer Anfang Monat veröffentlicht das Staatssekretariat für Wirtschaft auch diesmal pünktlich zum Monatsanfang die aktuellen Arbeitslosenzahlen.

Heute wollen wir uns aber wie im Beitrag vom 8. April versprochen für einmal nur kurz mit den (wie immer um zwei Monate verzögerten) nachträglich veröffentlichten Zahlen der ausgesteuerten Personen des Monats März befassen. Und mit der daraus resultierenden monatlichen Verzerrung der Arbeitslosenquote.

Wir erinnern uns: Der SECO-Pressedokumentation vom 8. April 2011 war folgendes zu entnehmen

«Gemäss den Erhebungen des SECO waren Ende März 2011 134.905 Arbeitslose bei den RAV eingeschrieben, 8.420 weniger als im Vormonat.»

Stellen wir nun diesen «8.420 Personen weniger» die im Monat März 2011 «nicht mehr eingeschriebenen Ausgesteuerten» gegenüber. Dazu entnehmen wir der aktuellen SECO-Pressedokumentation vom 8. Juni 2011

«8.087 Ausgesteuerte (50%) sind nicht mehr eingeschrieben»

Bleiben nachträglich berechnet (8.420 – 8.087) 333 statt 8.420 (!) eingeschriebene Arbeitslose weniger als im Vormonat.

So viel zum Thema Zahlen und Überblick. Wobei der Autor sich gerade fragt, ob das tatsächlich stimmen kann. Antworten dazu sind jederzeit willkommen.

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Arbeitsmarkt April 2011

Freitag, 6. Mai 2011 14:47

Die neuen Arbeitslosenzahlen des SECO sind da. Und wie fast immer in den vorangegangenen Monaten, lassen sie den einen oder anderen Nicht-Rechner noch optimistischer in die Zukunft schauen.

Nichts neues aus Bundesbern

Die positiven Meldungen aus der SECO Pressedokumentation klingen heute so: Ende April 2011 waren 11’457 Arbeitslose weniger bei den RAV eingeschrieben, als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank damit von 3,4% im März 2011 auf 3,1% im Berichtsmonat. Das ist der tiefste Wert seit Jahren. Was aber wie im März erwähnt in erster Linie mit den bis zu 16.000 Ausgesteuerten zu tun haben dürfte.

Weiter heisst es: Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Arbeitslosigkeit um 35’122 Personen (-22,1%). Nicht schlecht. Satte 22,1 Prozent. Was jedoch wie im Februar besprochen unter anderem mit den überdurchschnittlich hohen Arbeitslosenzahlen Anfang 2010 zu tun hat.

An dieser Stelle sei mir eine kurze Randnotiz erlaubt. Wäre die offizielle Arbeitslosenzahl seit letztem Monat unverändert geblieben, hätte sie sich gegenüber dem Vorjahresmonat dennoch um 23.665 Personen verringert. Das wäre dann immerhin noch ein beachtliches Minus von 14,9%. Oder anders ausgedrückt: Hätten sich im April 2011 23.665 Menschen – also ein dickes, reales Plus von 17,5% im Vergleich zum März 2011 – neu bei den RAV angemeldet, wäre die Arbeitslosenquote gegenüber dem Vorjahresmonat rechnerisch stabil geblieben.

Aber was sehen meine müden Augen?

Für einmal gibt es auch erfreuliches zu berichten. In der offiziellen Zusammenfassung werden die positiven Zahlen ein wenig relativiert: «Neben konjunkturellen und saisonalen Komponenten wirkten sich im April zusätzlich auch Effekte aus dem Inkrafttreten der AVIG-Revision aus. Wir schätzen den Effekt der Änderungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz auf den Arbeitslosenbestand im April auf rund 4‘500 Personen.»

Da steht doch tatsächlich – wenn auch etwas verschleiert – an prominenter Stelle ein Wort zu den Ausgesteuerten im offiziellen SECO-Dokument. Immerhin. Ein Anfang ist gemacht.

Noch ein Wunder?

Erfreuliches geschieht auch im Online-Blätterwald. Einige Journalisten haben bemerkt, dass die Pressedokumentation weit mehr Informationen hergibt, als die kurze und damit ungenaue Zusammenfassung. Plötzlich erscheinen die Ausgesteuerten auch in der Berichterstattung einiger Medien im Rampenlicht.

Wobei die Änderung des Blickwinkels auch aus anderen Gründen erfolgen könnte. So verspricht beispielsweise die Schlagzeile «Statistik-Trick drückt Arbeitslosenquote» (nach der zweiten Aktualisierung des Textes nun «Leistungskürzung drückt Arbeitslosenquote») mehr Skandälchen. Und damit mehr Traffic.

Doch dazu demnächst mehr.

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Arbeitsmarkt März 2011

Freitag, 8. April 2011 21:14

Wie immer Anfang Monat veröffentlicht das Staatssekretariat für Wirtschaft auch am 8. April 2011 die aktuellen Arbeitslosenzahlen. Und monatlich grüsst das Schwurbeltier, möchte man beim Überfliegen der Pressedokumentation des SECO sagen. Man trifft auf die üblichen für Fehlinterpretationen anfälligen statistischen Daten. Und kurz darauf auf die üblichen Schnellschüsse der Medien.

Der ewige Traum: weniger | gesunken | verringert

Nach einem ersten Blick in die 28-seitige Dokumentation scheint sich wie in den vergangenen Monaten alles in eine positive Richtung zu entwickeln.

«Gemäss den Erhebungen des SECO waren Ende März 2011 134.905 Arbeitslose bei den RAV eingeschrieben, 8.420 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank damit von 3,6% im Februar 2011 auf 3,4% im Berichtsmonat. Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Arbeitslosigkeit um 31.127 Personen (-18,7%)», steht es trocken, sachlich-positiv formuliert, in der Pressedokumentation.

Die Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosenquote sinkt weiter. Es scheint wirklich wieder bergauf zu gehen. Alles wird besser. Wenn nicht gar sehr viel besser.

Es sei denn, man bezieht wenigstens in diesem aussergewöhnlichen Monat für einmal die Ausgesteuerten in die Berechnung der Zahlen ein. Denn durch die ALV-Revision werden dieser Tage mehr Arbeitslose gleichzeitig ihren Anspruch auf Arbeitslosentaggelder verlieren, als jemals zuvor. «In der Tat dürften etwa 16.000 Personen von der Revision des Arbeitslosen-Versicherungs-Gesetzes betroffen sein. Das heisst, sie könnten am 1. April ihre Ansprüche verlieren», wie Serge Gaillard, Direktor für Arbeit SECO am 8. Februar 2011 in der Tagesschau noch ganz richtig zu sagen wusste.

Aber wie nicht anders zu erwarten, werden auch diese ca. 16.000 noch nicht in der Statistik erfassten Ausgesteuerten (dazu gleich mehr) auch in diesem Monat wieder als «Arbeitslose weniger» interpretiert. Ein Flüchtigkeitsfehler, den auch der eine oder andere Zeitungsmacher – mit teils absurden Schlussfolgerungen – schnellschreibend auf die Spitze treibt.

Die Mär vom Anreiz durch Druck

Unter der durchaus Blick-tauglichen Schlagzeile «Geldsorge schreckt Arbeitslose auf» unterstellt zum Beispiel Balz Bruppacher in seinem Beitrag im online 20 Minuten den Arbeitslosen in vollem Ernst: «Der Rückgang der Arbeitslosigkeit hat sich beschleunigt. Ein Grund: Die Betroffenen legten sich bei der Jobsuche rechtzeitig vor den Leistungskürzungen ins Zeug.» (Nebenbei bemerkt ein gutes Beispiel für die vorschnelle Knüpfung vermeintlicher Kausalketten.)

Worauf sich die Unterstellung stützt, bleibt verständlicherweise offen. Denn wie viele dieser Minus 8.420 Arbeitslosen in Tat und Wahrheit zu den im März ausgesteuerten gezählt werden müssen, weiss noch niemand. Diese Zahlen erfahren wir erst in der Pressedokumentation vom 8. Juni, da die in der Umfangreichen Pressedokumentation jeweils auf Seite 25 separat aufgelisteten Ausgesteuerten erst mit zwei Monaten Verzögerung veröffentlicht werden.

Eine weitere Fehlinterpretation

Ähnlich verhält es sich mit einer Gaillard’schen freestyle Interpretation weiterer statistischer Angaben in der SECO-Pressedokumentation.

Aus der sachlich korrekten Darstellung des Staatssekretariats für Wirtschaft «Die Jugendarbeitslosigkeit (15- bis 24-Jährige) verringerte sich um 1.955 Personen (-9,2%) auf 19.325. Im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht dies einem Rückgang um 7.427 Personen (-27,8%)», leitet dessen Direktor wieder einmal eine sehr einseitige und gewagte These ab.

Im gleichen 20 Minuten-Beitrag wie Balz Bruppacher wird Gaillard beim Wunschträumen folgendermassen zitiert: «Die am 1. April in Kraft getretenen Leistungskürzungen dürften im Februar und März den Druck auf die rund 16.000 Betroffenen erhöht haben, noch vor dem Verlust der Arbeitslosentaggelder eine Stelle zu finden. Dies spiegle sich vor allem im überdurchschnittlichen Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit.» (Noch ein gutes Beispiel für die vorschnelle Knüpfung vermeintlicher Kausalketten.)

Hören wir dazu noch einmal den gleichen Serge Gaillard in der Tagesschau vom 8. Februar 2011 zum Thema Aussteuerung nach der ALV-Revision: «Vielen sollte das [Stelle finden] gelingen, zumal etwa 30 bis 40 Prozent dieser [von der drohenden Aussteuerung] Betroffenen Jugendliche sind».

Ein Schelm, der beim Vergleich der Aussagen

  • a) besonders vielen Jugendlichen droht an Tag X die Aussteuerung und
  • b) überdurchschnittlicher Rückgang jugendlicher Arbeitsloser zum Tag X

eins und eins zusammenzählt und zu einem anderen Resultat als der Direktor für Arbeit kommt.

Wir werden uns die richtigen Zahlen wohl in zwei Monaten genauer anschauen müssen. Vielleicht liefern ja auch die Sozialämter demnächst für diesen einen Monat genauere Zahlen. Bis dahin gilt: Glaube keiner Statistik, die noch nicht veröffentlicht wurde.

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Arbeitsmarkt Februar 2011

Dienstag, 8. März 2011 23:57

Wie immer Anfang Monat hat das SECO heute die monatlichen aktuellen Arbeitslosenzahlen publiziert. Und wie kürzlich versprochen, wollen wir uns diese auch heute wieder ein bisschen näher anschauen. Zur Abwechslung anhand der Schlagzeilen zweier grösserer Schweizer Zeitungen.

Der Tagesanzeiger berichtet

Arbeitslosenquote erneut stark gesunken
Die Arbeitslosenquote in der Schweiz ist im Februar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 17,2 Prozent auf 3,6 Prozent gesunken.

Die NZZ meint dazu

Lage am Arbeitsmarkt verbessert sich stark
Arbeitslosenquote in der Schweiz im Februar auf noch 3,6 Prozent gesunken.

Der positive Trend setzt sich also offenbar fort. Und diesmal sinkt die Arbeitslosenquote sogar um fantastische 17,2 Prozent auf nur noch 3,6 Prozent.

17,2 Prozent / 3,6 Prozent / 0,2 Prozent

Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle vor Augen führen, was es mit den verschiedenen genannten Prozentzahlen auf sich hat. Um dies zu veranschaulichen hat sich der Autor wieder mal die Zeit genommen, die offiziellen Zahlen der letzten zwei Jahre zusammenzutragen und daraus zwei aussagekräftige Grafiken zu erstellen.

Zunächst aber einige Worte zu den veröffentlichten Zahlen.

Ende Januar 2011 waren 148.784 Personen als Stellensuchend gemeldet. Einen Monat später waren es noch 143.325 Personen. Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen sank damit innerhalb eines Monats in absoluten Zahlen um 5.459 Personen.

Im Verhältnis zu der Zahl der Erwerbspersonen ausgedrückt lag die Arbeitslosenquote* Ende Januar 2011 bei 3,8%. Bis Ende Februar sank die Quote auf 3,6%. Die Anzahl der registrierten Arbeitslosen sank also binnen Monatsfrist um insgesamt 0,2 Prozentpunkte.

Diese 0,2 Prozentpunkte lassen sich natürlich auch anders darstellen. Auch ein bisschen beeindruckender, ohne dabei den Inhalt zu ändern. Zum Beispiel indem die Reduktion der Arbeitslosenzahlen im Februar 2011 relativ zu den Zahlen vom Januar 2011 angegeben wird. Also 5.459 (148.784 – 143.325) geteilt durch 148.784. Daraus ergibt sich ein schon ziemlich beachtlicher Rückgang der Arbeitslosenquote um 3,66 Prozent.

Aber auch diese 3,66 Prozent lassen sich noch übertreffen, wenn man die relative Reduktion der Arbeitslosenzahlen in einen anderen, etwas vorteilhafteren Zeitrahmen erfasst. Zum Beispiel vom Vorjahresmonat zu heute. Dies ist im aktuellen Fall besonders ergiebig, da die Arbeitslosenquote vor genau einem Jahr, im Februar 2010, fast auf ihrem höchsten Punkt stand.

Auf den Vorjahreswert bezogen ergibt die Differenz zwischen den Arbeitslosenzahlen von 172.999 (4,4%) beim Höchststand 2010 und von 143.325 (3,6%) heute eine beachtliche Zahl von 29.674. (Statt nur 5459 seit letztem Monat.) Auf diese Art bricht die Arbeitslosenquote geradezu um schlagzeilentaugliche 17,2 Prozent ein. Auch ohne Wirtschaftswunder.

Kein Trend in Sicht

Man wird als Leser solcher Zahlenwerte regelrecht dazu verführt, einen steil abfallenden Kurvenverlauf zu sehen. Allein: Das Bild ist, wie wir anhand von Grafik 1 sehen können, schlicht falsch.

Grafik 1: Offizielle Arbeitslosenzahlen von Januar 2009 bis Februar 2011. Die Arbeitslosenquote sinkt im Zeitraum von Februar 2010 bis 2011 um 17,2 Prozent.

Grafik 1 zeigt die offiziellen Arbeitslosenzahlen von Januar 2009 bis Februar 2011. Die Kurve steigt bis Januar 2010 kontinuierlich an und beginnt dann ähnlich flach wieder zu sinken. Dieses langsame absinken bis heute zeichnet die 17,2 Prozent nach. Also nix mit steilem Abfall der Kurve im letzten Monat.

Kommt dazu, dass die Differenz zum Vorjahresmonat nichts über den aktuellen Trend aussagt. Trotz einem Minus von fast 20 Prozent kann die Arbeitslosenquote mehr oder weniger konstant bleiben oder sogar ansteigen. Sehen wir uns dazu Grafik 2 an, bei der die Werte zwischen März 2010 und Januar 2011 durch fiktive – aber mögliche – Zahlen ersetzt wurden.

Grafik 2: Offizielle Arbeitslosenzahlen von Januar 2009 Februar 2011. Allerdings mit einem fiktiven Rückgang bis im November 2010. Trotz steilem Anstieg der Arbeitslosenzahlen sinkt auch hier die Quote im Vergleich zum Vorjahresmonat um 17,2 Prozent.

Nehmen wir an, die Arbeitslosigkeit bewegte sich nach dem (tatsächlichen) Höchststand im Jan/Feb 2010 bis beispielsweise November 2010 auf ein historisches Tief von 0,6 Prozent und stieg danach explosionsartig wieder auf die aktuellen (realen) 3,6% an. Dies würde eine Verschlechterung der Situation um Faktor sechs in einem Vierteljahr bedeuten. Und trotzdem könnte man heute mit gutem Gewissen von einem Rückgang zum Vorjahresmonat um 17,2 % sprechen.

Welche Bedeutung haben nun also all diese veröffentlichten Prozentangaben für das Verständnis der aktuellen Lage? Und vor allem, was können uns die inzwischen lieb gewonnenen 17,2% noch sagen? Ohne Kontext eigentlich nur zwei Dinge.

  1. Lass dir kein X für ein U vormachen.
  2. Sei auf der Hxt.

Eines sei zum Schluss trotzdem noch gesagt. Wie es aussieht erholt sich die Lage im Moment tatsächlich ein bisschen.

* Die Arbeitslosenquote errechnet man, indem die Zahl der registrierten Arbeitslosen am Stichtag durch die Zahl der Erwerbspersonen (gemäss Eidgenössischer Volkszählung seit 1. Januar 2000: 3,946,988 Personen) geteilt wird.

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