Beiträge vom 6. Juli 2011

Studie zur Kernkraft nach Fukushima

Mittwoch, 6. Juli 2011 12:15

(6.7.2011, 12.25 MESZ, Inhalt via Formular an AVES übermittelt)

Sehr geehrte Damen und Herren der Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz AVES

In einer aktuellen Schlagzeile auf Ihrer Vereins-Homepage schreiben Sie in Fett, gemäss einer repräsentativen Studie des gfs.bern Mitte Mai 2011 würden

«84 Prozent der Schweizer […] keinen überstürzten Atomausstieg» wollen.

Etwas weiter unten in Ihrem Text heisst es dann:

«So hätte ein vorzeitiger Ausstieg aus der Kernenergie […] wenig Rückhalt in der Bevölkerung (62 Prozent Nein gegen 33 Prozent Ja) […).»

Ich fasse zusammen

«84% sind gegen überstürzten Ausstieg» und «62% sind gegen vorzeitigen Ausstieg.»

und bin so klug als wie zuvor.

Dass sich die Worte «vorzeitig» und «überstürzt» durch 22 Prozentpunkte voneinander unterscheiden, ist für einen Texter zwar interessant, hilft aber – wie so oft bei Zusammenfassungen von Studien – nicht, das Ergebnis der Umfrage zu verstehen.

(Pssst. Es gibt natürlich einen einfachen Grund für die Differenz: Die 84 Prozent sind nicht einfach gegen «einen überstürzten Ausstieg» sondern stimmen (mehr oder weniger) der komplexeren Aussage zu

«Anstatt überstürzt einen Ausstieg aus der Kernenergie zu beschliessen, sollte man besser in Ruhe nach einer Lösung suchen, welche sicher ist und den Strombedarf der Schweiz garantiert.»

Und wie es aussieht, wurden 53% «voll einverstanden» und 31% «eher einverstanden» zu den eingangs erwähnten 84% «die keinen überstürzten Atomausstieg wollen» zusammengefasst. So viel zur Interpretation von Studien)

Deshalb würde ich mir gerne selber ein Urteil bilden und Einblick in die Daten der durch Economiesuisse in Auftrag gegebenen Studie nehmen. Bestimmt werden Sie mir und meinen Lesern den Link zur Quelle verraten.

Ich freue mich auf Ihre erhellende Antwort

(Nachtrag, 7.7.2011, 08.56 MESZ)

Scheint eine schwierige Frage zu sein. Deshalb hier in der Zwischenzeit der Link zu einer Zusammenfassung «Das Wichtigste in Kürze» des gfs.bern.

(Nachtrag 14.7.2011, 10.49 MESZ)

— Der oben zitierte AVES-Text im Original —

84 Prozent der Schweizer wollen keinen überstürzten Atomausstieg.

Das Resultat ist eindeutig: 84 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer stehen hinter der Aussage «Anstatt überstürzt einen Ausstieg aus der Kernenergie zu beschliessen, sollte man besser in Ruhe nach einer Lösung suchen, welche sicher ist und den Strombedarf der Schweiz garantiert.» Dies ergibt eine repräsentative Studie, welche im Auftrag von Economiesuisse vom Forschungsinstitut gfs.bern Mitte Mai, also noch vor der energiepolitischen Weichenstellung durch den Bundesrat, durchgeführt worden ist. Befragt wurden 1005 Stimmberechtigte in allen Landesteilen.

Die Meinungsumfrage hat noch weitere überraschende Resultate erbracht: So hätte ein vorzeitiger Ausstieg aus der Kernenergie ebenso wenig Rückhalt in der Bevölkerung (62 Prozent Nein gegen 33 Prozent Ja) wie auch die sofortige Stilllegung der Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg (57 Prozent Nein gegen 36 Prozent Ja). Kritisch steht die Schweizer Bevölkerung auch dem Ersatz von KKW durch Gaskraftwerke gegenüber: Bloss 36 Prozent könnten dieser Alternative zustimmen, 46 Prozent lehnen sie bestimmt oder eher ab. Erstaunlich hoch, nämlich satte 41 Prozent, ist der Anteil jener, die für einen Ersatz der alten Kernkraftwerke durch moderne Anlagen votieren, welche die neuesten Sicherheitsanforderungen erfüllen.

Erwartungsgemäss hat die Zustimmung zum Bau von Ersatz-Kernkraftwerken nach dem Nuklearunfall in Fukushima generell abgenommen. Hatten sich im August 2010 noch 43 Prozent dafür ausgesprochen, sank diese Zahl inzwischen auf 29 Prozent; 67 Prozent wären eher oder bestimmt dagegen, «wenn morgen darüber abgestimmt würde». Insgesamt hat die Studie aber ein für das Energieform Kernenergie deutlich positiveres Ergebnis erbracht, als Economiesuisse erwartet hatte. Die Tatsache, dass heute für 78 Prozent der Befragten die «Stromlücke» ein vertrauter Begriff ist, und das klare Votum gegen politische Schnellschüsse stimmen Ursula Fraefel, Kampagnenleiterin bei Economiesuisse, zuversichtlich. Wie sie gegenüber der Zeitung «Der Sonntag» betont hat, könne man die Leute möglicherweise überzeugen, die alten Kernkraftwerke Beznau und Mühleberg durch ein neues, noch sichereres Kernkraftwerk zu ersetzen. (gfs)

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