Volkswahl des Bundesrates
WÄHLEN SIE DEN BUNDESRAT! So entspannt formuliert das «Komitee für die Volkswahl des Bundesrates» seine freundliche Einladung, einen Unterschriftenbogen für die Volksinitiative «Volkswahl des Bundesrates» auszufüllen.
Eine Lücke im System wird geschlossen
Die Begründung für das Ansinnen liest sich, wie viele andere Werbebotschaften in eigener Sache aus 8416 Flaach – Achtung: Bei dieser Zeitung handelt es sich weder um Werbung noch um Reklame, sondern um eine politische Information. Darum darf sie auch in jene Briefkästen gesteckt werden, auf denen sich ein Stopp-Kleber befindet. Wir danken für Ihr Verständnis. – auf den ersten Blick verlockend.
Während die Regierung in allen Kantonen vom Volk gewählt werde, heisst es da, haben Sie und ich dieses Mitspracherecht auf Bundesebene nicht. Bisher. Denn durch die Volkswahl werde eine wichtige Lücke im direktdemokratischen System geschlossen. Endlich werden wir auch den Bundesrat selber wählen können. Einen, der anders als heute üblich, unsere sehnlichsten Wünsche und Vorstellungen achten und vertreten werde.
Schluss mit dem Geschachere
Super. Warum nicht, möchte man da spontan sagen. Mehr vom bisher Bewährten kann ja nicht schaden. Vielleicht ist es wirklich «Höchste Zeit also, dass Sie, das Schweizer Volk, Ihren Bundesrat direkt wählen» Denn, so erfährt man «der Bundesrat wird nicht nach Leistungen und Fähigkeiten, sondern aufgrund von Parteiengemauschel gewählt.»
So zumindest will uns der Absender des Unterschriftenbogens die geplante Erweiterung der Volksrechte schmackhaft machen. Einer, der sowohl das schmierige Politgeschäft als auch die Nacht der langen Messer aus eigener Erfahrung kennt und diese selbstredend als schlecht für die beste Wahl für sein Land empfindet.
Schluss mit unschönen Kompromissen
Tatsächlich muss heute jede Partei hart um die Wahl ihres Bundesratskandidaten feilschen. Und zum Leidwesen der Betroffenen beherrschen auch die politischen Kontrahenten jenen zutiefst undemokratische Poker hinter verschlossenen Türen.
Das macht die ganze Sache für alle Beteiligten anstrengend und verlangt auch noch jede Menge Zugeständnisse. Ohne Garantie für eine Wahl, wie man in Bern nur zu gut weiss. Wie schön wäre es doch, wenn man nicht mehr auf Augenhöhe verhandeln müsste.
Schluss mit der Konkurrenz
Solche Hinterzimmer-Absprachen sind unschön, zugegeben. Aber eine Volkswahl ist keine Garantie für mehr Demokratie. Im Gegenteil. Während heute zumindest vom Volk gewählte Parlamentarier über Allianzen verhandeln, werden bei einer möglichen Volkswahl hochprofessionelle und profitorientierte PR-Agenturen die Meinungsbildung beim Volk übernehmen.
Da fallen einem doch spontan die Worte ein, die Rudolf Farner – der Gründer der bekannten Farner PR – einst gesagt haben soll: «Gebt mir eine Million, und ich mache aus jedem Kartoffelsack einen Bundesrat». Mit einer mikrigen Million wird es beim Buhlen mehrer Kartoffelsäcke um die Gunst des Wählers allerdings nicht getan sein. Wer in dieser künftig direktesten aller direkten Demokratien die Wahl gewinnen will, braucht Geld. Viel Geld. Man denke nur an die PR-Schlachten bei den Wahlen in den USA.
Von einer Volkswahl werden also vor allem wirtschaftsnahe Parteien mit guten Verbindungen zu finanzstarken Unterstützern profitieren. Und die SVP, die endlich ihre beiden Trümpfe «Wirtschaftsnähe» und «30 Prozent Schafe» gleichzeitig ausspielen kann.
So gesehen lässt sich der Aufruf des flaacher Kommitees wie viele andere Werbebotschaften in eigener Sache – Achtung: Bei dieser Zeitung handelt es sich weder um Werbung noch um Reklame, sondern um eine politische Information. Darum darf sie auch in jene Briefkästen gesteckt werden, auf denen sich ein Stopp-Kleber befindet. Wir danken für Ihr Verständnis. – durchaus verstehen.
Schluss mit Demokratie
Jetzt gleich das Ende der Demokratie zu befürchten wäre natürlich übertrieben. Aber wenn in erster Linie der Zugang zu finanziellen Mitteln die Wahlchancen eines Bundesratskandidaten bestimmen, bewirkt die direktdemokratische Wahl das Gegenteil dessen, was das Komitee uns heute verspricht.
Nicht der Bürger – nicht einmal mehr indirekt über die gewählten Volksvertreter – wird über die Wahl des Bundesrates bestimmen, sondern die Kaufkraft der Parteien. Einmal mehr eine Mogelpackung. Diesmal allerdings eine hochgefährliche.
Falls Sie sich trotzdem für die Initiative einsetzen wollen, finden Sie den Unterschriftenbogen auf der Website des Initiativkomitees zum herunterladen.