Beiträge vom 19. August 2010

Gedanken zur ALV-Revision Teil I

Donnerstag, 19. August 2010 19:53

In knapp einem Monat findet die Volksabstimmung zur nächsten Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung (AVIG) statt. Abzustimmen gilt es am 26. September 2010 über die Art, wie das Defizit der Arbeitslosenversicherung in Höhe von sieben Milliarden Franken abgebaut werden soll. Dies mit einer möglichst fairen Lösung, wie alle Beteiligten betonen.

Klingt zunächst annehmbar. Doch wie gewohnt liegen die Vorstellungen von Fairness zwischen links und rechts weit auseinander. Höchste Zeit also, sich mit den Argumenten der Parteien zu befassen. Heute zunächst mit den ersten Wortmeldungen der bürgerlichen Parteien.

Never change a Killerargument

Das «überparteiliche Komitee» aus CVP, FDP, BDP, glp und SVP sagt:
Ja bedeutet, dass wir deutlich mehr im Portemonnaie haben.

Die CVP kopiert vorerst einfach das Communiqué zur Pressekonferenz des Komitees:
Höhere Lohnabzüge stoppen – Sichere Arbeitslosenversicherung JA

Die FDP meint auf Ihrer Homepage und auf Plakaten:
Ohne Revision: Weniger Lohn!

Die BDP auf der Homepage etwas verwirrend:
Die BDP wird die Parole an der DV vom 21. August in Solothurn fassen.

Die Grünliberalen verweisen auf das Komitee:
Ja bedeutet, dass wir deutlich mehr im Portemonnaie haben.

Die SVP für einmal etwas weiter ausholend:
Eine Erhöhung der Lohnabzüge um +0.5 Prozent [würde] den wirtschaftlichen Aufschwung in der Schweiz gefährden und auch die arbeitenden Personen und Familien mit tiefen Einkommen übermässig in die Pflicht nehmen.

Nach einem ersten Überblick scheint mir, das Killerargument der Befürworter zielt wieder einmal auf meine notorisch klamme Brieftasche. Das funktioniert immer. Deshalb habe ich sicherheitshalber kurz mal nachgerechnet, ob ich mir morgen mein geliebtes Bauernfrühstück noch leisten kann.

So viel wird im Portmonee fehlen

Um einem möglichen Zahlenchaos vorzubeugen ein Hinweis zur Berechnung: Die Parteien verwenden in ihrer Argumentation die Prozentzahlen der Gesamtabzüge, also Arbeitnehmer plus Arbeitgeber (bisher 2%, bei Annahme 2,2%, bei Ablehnung 2,5%). Da der Arbeitnehmer jedoch nur die Hälfte davon bezahlt, teile ich die angegebenen Zahlen durch zwei. Schliesslich geht es ja um mein Stimmbürger-Portmonee.

Die Zahlen:

Heute wird dem Arbeitnehmer 1 Prozent des Bruttolohnes abgezogen.

  • Bei einem Ja) bezahlen wir 0,1% mehr, also 1,1%.
  • Bei einem Nein) kostet uns die Versicherung 0,25% mehr, also 1,25%

Bei einem Durchschnittseinkommen von 5800 Franken, macht das bei

  • Variante Ja) ein Plus von Fr. 5.80 / Monat
  • Variante Nein) ein Plus von Fr. 14.50 / Monat
  • Differenz von Ja und Nein: Fr. 8.70 im Monat.

Da es laut SVP auch um das Partmonee der «Personen und Familien mit tiefen Einkommen» geht, habe ich das ganze noch mit einem durchschnittlichen Lohn im Verkauf von 3600.– Franken Brutto durchgerechnet.

  • Variante Ja) 0,1% von Fr. 3600.– = Fr. 3.60 / Monat
  • Variante Nein) 0,25% von Fr. 3600.– = Fr. 9.– / Monat
  • Differenz von Ja und Nein: Fr. 5.40 im Monat.

Zwischenbilanz: Der Preis für ein Nein liegt für den Durchschnittsschweizer irgendwo zwischen fünf und zehn Franken im Monat.

Diesen massiven Eingriff in meine Finanzplanung muss ich erst einmal sacken lassen. Sobald ich mich davon erholt habe, werde ich mich hier auch noch mit den Konsequenzen für die von Arbeitslosigkeit betroffenen beschäftigen.

Thema: Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (2) | Autor: