ALV-Sanierung auf Kosten der Arbeitslosen

Einmal mehr zeigen die Bürgerlichen, wie man schwierige Probleme auf einfache Art löst. Auf dem Rücken der Betroffenen. Bei der geplanten Sanierung der Arbeitslosenversicherung, folgerichtig auf dem der Arbeitslosen. Mit dem schönen Nebeneffekt, gleich noch die Arbeitslosen-Statistik durch abschieben der Versicherten in «egal welchen» Job oder deren abgleiten in die Sozialhilfe schönen zu können.

Geht es nach CVP, FDP und SVP, soll bei den Arbeitslosen wie schon bei der letzten Revision 2002 durch massive Kürzungen der Bezugsdauer gespart werden. Statt 400 sollen Versicherte mit 12 Monaten Beitragszeit in Zukunft nur noch 260 Taggelder (ein Jahr) erhalten. Unter 25jährige sogar nur 200. Am liebsten würde man mit einer degressiven Kürzung der Taggeldhöhe bei Langzeitarbeitslosen auch noch einen weiteren Anreiz schaffen, sich intensiver um die Arbeitssuche zu kümmern.

Dabei wird der Arbeitslose schon heute bei jeder Gelegenheit an seine «Schadensminderungspflicht» gegenüber der Arbeitslosenversicherung erinnert. Wer sich beispielsweise nicht um eine «angemessene» und schriftlich festgehaltene Anzahl an Bewerbungen pro Monat bemüht, wird mit 1 bis 60 Einstelltagen bestraft. Das heisst, mit voll auf das Taggeldguthaben angerechneten Tagen, die aber nicht ausbezahlt werden. Dabei ist es irrelevant, ob es in diesem Monat auch wirklich genügend «zumutbare» Stellen gab. Das neue automatisierte Abrechnungs- und Kontrollsystem kennt keine Ausnahmen.

Durch solche und andere Druckmittel und Androhung von Zwangsmassnahmen bei Nichteinhaltung werden Arbeitslose dazu gezwungen, sich um alle «zumutbaren» – sprich, alle möglichen und unmöglichen – Stellen zu bewerben. Leider finde ich die Quelle nicht mehr, aber kürzlich wurden Zahlen veröffentlicht, die belegen, dass eine hohe Zahl ehemaliger Arbeitsloser sich schon nach drei bis neun Monaten nach Stellenantritt erneut arbeitslos melden. Kein Wunder hat die Bürgerliche Strategie schon in den vergangenen Jahren nichts zur Entlastung der Arbeitslosenversicherung beigetragen.

Schlimmer noch. Die amtliche Fixierung auf Quantität statt Qualität der Bewerbungen hat weitreichende und vor allem kontraproduktive Auswirkungen auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Wie mir bekannte Personalverantwortliche bestätigen, melden sich vermehrt stellenlose, klar ungeeignete Kandidaten auf Stellenausschreibungen. Dies bedeutet zunächst einmal einen massiven Mehraufwand, die Flut an Bewerbungen nur schon zu sortieren. Stellt sich dann im Gespräch heraus, dass Bewerber sich melden mussten, vielleicht sogar weil sie eine Zuweisung durch das Arbeitsamt erhielten, wird die Angabe «Stellensuchend» im Lebenslauf früher oder später schon in der ersten Sichtungsphase zum Ausschlusskriterium. Der interessierte und fähige Bewerber ohne Anstellung wird gleich zweifaches Opfer der Arbeitsamt-Strategie.

Wenn man unbedingt sparen will, statt sinnvoll zu investieren, sollte man damit nicht bei den Taggeldern, sondern bei den unzähligen sinnlosen, aber vorgeschriebenen Kursen beginnen. Kurse, die heute jeder Arbeitslose nach einer gewissen Zeit besuchen muss. So wird zum Beispiel jeder – selbst der ausgebildete Personalberater – nach wenigen Monaten automatisch und obligatorisch zu mehrwöchigen Bewerbungstrainingskursen geschickt. Wo er lernen soll, wie man sich richtig bewirbt. Oder ein mir bekannter Schweisser nach 30 Jahren Berufserfahrung in einen Schweisskurs geschickt, um ein spezielles Schweisser-Zertifikat zu erwerben. Kurz vor der Pensionierung.

Natürlich verspricht der Rasenmäher über den Köpfen der Arbeitslosen auf den ersten Blick grössere Einsparungen. Aber die Konsequenzen werden – und tun es, wie gerade geschildert schon heute – das Gegenteil bewirken.

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Datum: Donnerstag, 13. Mai 2010 18:12
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