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Eine Frage an Toni Brunner

Samstag, 10. Dezember 2011 15:33

Lieber Toni Brunner.

Die Schweizer Bevölkerung hat Ihren Ruf zur Kenntnis genommen: Der SVP stehe am 14. Dezember 2011 ein zweiter Bundesratssitz zu.

Ohne diesen Anspruch grundsätzlich zu bestreiten, fehlen dem einen oder anderen Nicht-SVP-Wähler – neben den rein rechnerischen Argumenten wie Konkordanz, stärkste Partei, Volkswille etc. – doch einige inhaltliche Gründe.

Deshalb sei an dieser Stelle aus ehrlichem Interesse danach gefragt:

Welche Verbesserungen im alltäglichen Leben darf der Bürger als Privatperson von einem weiteren SVP-Bundesrat erwarten?

Schön wäre eine PR freie Antwort in Ihren eigenen Worten, in der auf die folgenden, hinlänglich bekannten Begriffsgruppen inklusive Synonymen verzichtet wird.

  1. Zauberformel / 2-2-2-1 / Konkordanz / Stärkste Partei / Volkswillen
  2. Ausländer / Asylsuchende / Kriminalität / Einwanderung
  3. Heimat / Eidgenossenschaft / EU / Europa

Diese Frage wurde Toni Brunner am 10.12.2011 via Mail gestellt. Eine mögliche Antwort wird sofort nach Erhalt an dieser Stelle publiziert.

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Thema: Eine Frage an..., Fragen, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Wenn statistische Fakten Vergleiche verzerren

Donnerstag, 22. September 2011 8:14

Spricht der Schweizer über Kriminalität, betont er gerne, dass mehr Ausländer als Schweizer einsitzen. Beziehungsweise, etwas präziser, verurteilt wurden.

Und damit hat er nachweislich recht, wie ein kurzer Blick auf die Kennzahlen zu Verurteilungen für ein Verbrechen oder Vergehen des Bundesamtes für Statistik (BfS) belegt.

Verurteilungen nach Nationalität

  • Schweizer: 47,4%
  • Ausländer 52,6%

Verurteilungen nach Gesetzen

  • Strafgesetzbuch (StGB) 30,7%
  • Betäubungsmittelgesetz 6,0%
  • Ausländergesetz (AuG) 13,3%
  • Strassenverkehrsgesetz 57,3%

Andererseits… Kein Fragezeichen aufgetaucht?

Vielleicht sollten wir die Zahlen noch einmal nach ihrer Aussagekraft für eine faire Gegenüberstellung von verurteilten Schweizern und Ausländern abklopfen.

  • Strafgesetzbuch [ok]
  • Betäubungsmittelgesetz [ok]
  • Ausländergesetz

Ausländergesetz? Richtig. Allzu viele Schweizer dürften sich da wohl nicht schuldig gemacht haben.

Auch wenn hier natürlich niemand bestreiten will, dass die Zahl verurteilter Ausländer an ihrem Anteil an der Bevölkerung gemessen, überproportional ist: Die so oft und gerne genannten 52,6 Prozent sind rechnerisch zwar richtig, auf den zweiten, genaueren Blick aber irgendwie doch nicht mehr ganz so eindeutig.

Dies aber wieder mal nur so nebenbei als kleine Aufforderung zum genauen Hinschauen erwähnt.

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Thema: Gesellschaft, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Von falsch gelesenen Kriminalitätsstatistiken

Dienstag, 22. März 2011 16:40

Im letzten Jahr ging die polizeilich registrierte Kriminalität in der Schweiz zurück. Dies teilt das Bundesamt für Statistik (BFS) am 21. März 2011 in der diesjährigen Medienmitteilung zur polizeilichen Kriminalstatistik mit. Unter dem Titel «Rückgang der polizeilich registrierten Kriminalität» heisst es dazu wörtlich:

Staatszugehörigkeit und Aufenthaltsstatus der Beschuldigten

«80 Prozent aller Beschuldigten wegen Straftaten gegen das StGB gehören zur ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz. 4 Prozent kommen aus der Asylbevölkerung und 15 Prozent sind beschuldigte Ausländer, die sich ohne längerfristige Aufenthaltsregelung in der Schweiz aufhalten. Berücksichtigt man nur die Beschuldigten aus der ständigen Wohnbevölkerung, dann besitzen 63 Prozent der Beschuldigten im Bereich des Strafgesetzbuches die schweizerische Staatszugehörigkeit und 37 Prozent sind Ausländer.»

Klingt gut und ausgewogen, sagt sich der Leser der offiziellen Mitteilung des BFS. Aber irgendwie auch sehr eintönig, sagt sich der Journi. In einem so kurzen Abschnitt gleich vier mal (mit Titel sogar fünf mal) von «Beschuldigten» zu berichten zeugt nicht gerade von sprachlicher Kompetenz. Das geht auch eloquenter.

Im Teletext des Schweizer Fernsehen liest sich die Meldung dann so:

«80% der Beschuldigten leben in der Schweiz, davon waren 63% Schweizer und 37% Ausländer. 4% aller Taten wurden von der Asylbevölkerung verübt

Die NZZ leitet die offiziellen BFS-Zahlen unter der Überschrift «Zahlen zur Ausländerkriminalität» folgendermassen ein:

«Ein weiteres heisses Eisen in jeder Diskussion um Kriminalität stellt jeweils der Anteil der Ausländer an den Straftaten dar. Hier sehen die aktuellste Zahlen so aus: 80 Prozent aller Beschuldigten…»

Zugegeben. Es liest sich flüssiger, wenn man nicht dauernd über die «Beschuldigten» stolpert. Aber stimmt bei diesen beiden Beispielen auch die Aussage noch? Nein. Mit den Umschreibungen «4% aller Taten von Asylbevölkerung verübt» und «der Anteil der Ausländer an den Straftaten» wurde der Status der Beschuldigten in Täter geändert. Und damit haben wir es wieder mal Schwarz auf Weiss. Die Ausländer und die Asylbevölkerung sind Täter.

Wir sollten uns also nicht wundern, wenn der vorurteilsbelastete Leser bei dieser Umformulierung seine Vorurteile bestätigt glaubt. Und weiterhin mit dem neu bestätigten guten Gewissen munter drauflos poltert. Schliesslich steht es ja so in den Medien.

Ein Hinweis darauf findet sich bei 20 Minuten. Obwohl sich 20 Minuten unter «Kriminalität in der Schweiz sinkt» richtigerweise an die offizielle Formulierung hält, klingt es im Forum:

«Die meisten Gewalttäter stammen nicht aus der Schweiz oder haben Migrationshintergrund.»

Der abwechslungsreichen Formulierung sollte also nicht immer erste Priorität eingeräumt werden. Auch wenn es im geschulten Auge und Ohr schmerzen mag. Manchmal hat das BFS gute Gründe für eine langweilige aber richtige Wortwahl.

Deshalb eine Bitte an euch Freunde der schreibenden Zunft: Seid doch bitte etwas vorsichtiger bei der Interpretation und der Wortwahl. Nicht jeder Leser schaut neben den Zeitungsberichten auch noch die Dokumente wie die Medienmitteilung im Original (PDF) an.

Es gibt auch so schon genug böses Blut gegen alles, was nicht Schweizer ist.

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Weisheiten – Über Vereinfachungen

Montag, 17. Januar 2011 13:27

«Man soll die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht noch einfacher.»

Albert Einstein

Thema: Politik, Weisheiten, Wirtschaft | Kommentare (0) | Autor:

Wieder Ratten bei der SVP

Samstag, 2. Oktober 2010 22:35

Die SVP hetzt wieder einmal in bewährter Manier mit Plakaten gegen Ausländer. Zur Abwechslung im Tessin. Ansonsten alles, wie seit Jahren gehabt: Ungeliebte Ausländer werden zu Ratten.

Da sich ausserhalb der SVP kritische Stimmen zu Wort melden, geht es auch wie gehabt, weiter: Hihi, haha. Alles nur ein Scherz. «Es fehlt dem Politestablishment einfach der Humor», wie Parteipräsident Pierre Rusconi laut 20min-online gesagt haben soll. Mit Rassismus und Xenophobie hat dies alles nichts zu tun.

Eine erfolgreich erprobte Manipulation

Der perfide Angriff scheint auch dieses mal seine Wirkung zu entfalten. Viele Kommentarschreiber in verschiedenen Foren finden: «Ist doch lustig. Was ist denn dabei?» Und gleich darauf entlarvend: «Ausserdem stimmt es ja». Ohne dabei selbst den Widerspruch zu erkennen. Einerseits ist alles nur ein Spässchen, andererseits aber ist es wahr. Alles Ratten.

Ein Wort gegen diese Hetze und das noch gefährlichere ins Lächerliche ziehen sei mir an dieser Stelle erlaubt. Genau dieses unüberlegt geäusserte «Ist doch nichts dabei» zeigt, dass die jahrelange Verwendung solcher Tier- und Hass-Plakate ihr Ziel schon erreicht hat. Die breite Öffentlichkeit stellt zwischen dem Hassobkjekt «Ratte» und den damit gemeinten Menschen keinen Zusammenhang mehr her.

Man wettert gegen ein Ekel erregendes Tier und hetzt damit – ohne weiter darüber nachzudenken – gegen sehr reale Menschen. Und die strategisch kluge Unterstellung fehlenden Humors erlaubt es, sich nicht mit den Auswirkungen der Hetze auseinanderzusetzen zu müssen.

Ein erster Schritt zur moralischen Abkoppelung

Wir alle durchlaufen durch unsere Erziehung einen Sozialisationsprozess, der uns Normen und moralische Leitlinien für unser soziales Verhalten vorgibt. Dieser erlernte Verhaltenskodex erlaubt uns eine friedliche Koexistenz mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, mit anderer Sprache, anderem Aussehen und anderen Bräuchen. Die verbindende Basis dafür ist der kleinste gemeinsame Nenner. Wir alle sind menschliche Wesen.

Diese verinnerlichten Leitlinien bestimmen den respektvollen Umgang mit unseresgleichen. Selbst in kriegerischen Kampfhandlungen hindern diese die Soldaten daran, freiwillig auf den Feind zu schiessen und ihn zu töten. Deshalb muss im Vorfeld eines Krieges ein die Hemmungen ausschaltendes Feindbild aufgebaut werden. Am einfachsten, indem man den oben erwähnten gemeinsamen Nenner abbaut. Das funktioniert auch in der Politik und ist dort kein Mittel von links oder rechts, sondern von Extremisten aller Couleur.

Die Entmenschlichung ist eine erprobte und erfolgreiche psychologische Strategie um Menschen die moralische Abkoppelung von anderen Individuen zu erleichtern. Man erklärt den Feind zum Untermenschen, zum Tier, zur Krankheit. Auf diese Weise können menschliche Wesen ganz einfach als von der moralischen Kategorie des Menschseins ausgeschlossen betrachtet werden. Es kostet weniger Überwindung auf ein niederes Tier einzuschlagen, als auf seinesgleichen.

Ob bewusst oder unbewusst. Die Hemmschwelle sinkt.

Natürlich setzt sich nicht jeder Befürworter solcher politisch motivierter Hetze aktiv und bewusst für den Abbau aller für ein friedliches Zusammenleben unabdingbaren Hemmschwellen ein. Trotzdem geschieht durch die Akzeptanz und Verniedlichung der Propaganda genau dies. Das Bild von Unter- oder Unmenschen setzt sich in den Köpfen fest.

Das Resultat solcher Hass-Propaganda setzt – ob gewollt oder nicht – die Hemmschwelle Schritt für Schritt herunter. Und weil die Grenzen seit Jahren Stück um Stück hinausgeschoben werden, darf man solche Plakate nicht einfach schweigend hinnehmen. Das hat nichts mit fehlendem Humor zu tun.

Wohin soll das führen?

Klar wird der eine oder andere jetzt «linke Panikmache» rufen. In diesem Fall möchte ich nur eine Frage beantwortet haben: Wozu soll das ganze dann dienen? Keine Partei gibt Geld für ihre Propaganda aus, wenn sie nichts damit erreichen will. Und ein Lächeln über ein lustiges Plakat wird auch bei der tessiner SVP nicht das angestrebte Ziel der Propaganda sein.

Mein Buchtipp für alle, die sich mit Fragen wie «Was bewegt gute Menschen dazu, böses zu tun? Wie können normale Menschen dazu verleitet werden, unmoralisch zu handeln? Wo liegt die Grenze zwischen Gut und Böse, und wer läuft Gefahr, diese zu überschreiten?» auseinandersetzen wollen:

«Der Luzifer-Effekt – Die Macht der Umstände und die Psychologie des Bösen» von Philip Zimbardo

ISBN 978-3-8274-1990-3


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Thema: Buchtipps, Gesellschaft, Mensch, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Gründe für das Ja zur ALV-Revision

Sonntag, 26. September 2010 19:46

Wollte mich gerade informieren, welches aus Sicht der verschiedenen Parteien die Gründe für die Annahme der ALV-Revision gewesen sind.

Doch auf der SVP-Homepage stiess ich statt auf Erklärungen oder Jubel auf ein prominent platziertes Kurzargumentarium, welches ich bisher komplett verpasst hatte.

Da wird wohl der eine oder andere Schweizer Stimmbürger im Falle des Stellenverlustes erstaunt erfahren, dass auch er ein Ausländer sein muss.

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Das Recht (auf das Recht) auf ein Minarett

Freitag, 25. Juni 2010 9:58

Dank der Libyen-Affäre und dem armseligen Hickhack in Bundesbern hatten wir für eine Weile wohltuende Ruhe vor der Minarett-Debatte. Doch seit vorgestern Mittwoch ist es auch schon wieder vorbei mit dem religiösen Frieden.

Strassburg, die Demokratie und der Glaube

Seit der Europarat in Strassburg die Schweiz auffordert, das Bauverbot für Minarette aufzuheben, ist in Helvetistan von neuem die christlich-direktdemokratische Hölle los. Kaum ausgesprochen, melden sich einige überpatriotische Schweizer polternd zu Wort. Und werfen munter alles, was irgendwie nach undemokratischem Europa und diktatorischer EU klingt in einen grossen, blubbernden Topf.

Respekt an dieser Stelle übrigens für Daniel Caduff unbekannterweise, der im 20Minuten-Forum alles gibt, Sinn, Zweck und Möglichkeiten des Europarates zu erklären.

Neben dem EU-Bashing, ist in verschiedenen Foren aber vor allem wieder die Religion und ihre Symbole das beherrschende Thema, das neu aufgerollt werden will. Beziehungsweise, wie das Fondue von gestern, aufgewärmt. Man streitet zäh über den fremden Glauben und argumentiert «Wir haben demokratisch abgestimmt, basta» mit der eigenen direkten Demokratie. Zwei Wertesysteme, die sich übrigens ähnlicher sind, als man auf den ersten Blick denken würde.

Man braucht kein Minarett für den Glauben

Tatsächlich haben das religiöse und das gesellschaftliche Selbstverständnis bei näherer Betrachtung einige Gemeinsamkeiten. Eines davon liegt in der reinen Kraft der Symbolik eines unbedingten Rechtes.

Viele Minarettgegner begründen Ihr Stimmverhalten damit, dass selbst viele Muslime nicht unbedingt auf den Bau eines Minaretts bestehen. Und sie fragen: «Wenn die meisten sowieso kein Minarett bauen wollen, warum sollten wir es dann nicht verbieten dürfen?». Man könnte natürlich genauso gut die Gegenfrage stellen: «Wie viel Sinn hat ein Verbot, wenn die Mehrheit sowieso nicht bauen will?». Wie auch immer die Frage formuliert wird, die Schlussfolgerung, dass ein Verbot aus genanntem Grund nichts schadet, ist einmal mehr zu wenig weit gedacht.

Zwischen dem Recht auf Ausübung und der Ausübung dieses Rechtes gibt es einen wichtigen Unterschied.

Fragt man Muslime, finden diese das Fehlen eines Minaretts tatsächlich meist weniger schlimm, als es in einigen Medien dargestellt wird. Wäre dem nicht so, hätten wir schon vor der Abstimmung hunderte dieser Türmchen in unserem Land stehen gehabt. Das heisst aber nicht, dass sie damit auch freiwillig auf das Recht für den Bau eines Minaretts verzichten wollen.

Ein Widerspruch? Im Gegenteil.

Man braucht keine Volksinitiative für eine direkte Demokratie

Wagen wir doch einmal einen kurzen, vergleichenden Blick auf unser demokratisches Selbstverständnis. Was macht für uns eine richtige Demokratie aus? Was unterscheidet diese von den anderen rund um uns herum? Und warum erscheint sie uns so überlegen und schützenswert?

Was für eine Frage, werden Sie sagen. Zunächst einmal sind wir freie, mündige Bürger. Wir entscheiden, was in unserem Land zu geschehen hat und was nicht. Wir bestimmen dank Wahl- und Stimmrecht den Weg unseres Landes. Jeder einzelne mit seiner Stimme. Ausserdem können wir selber eine Veränderung anstossen, indem wir eine Volksinitiative starten. Das kann sonst keiner. Wir haben die beste, weil direkte Demokratie. Das unterscheidet uns von anderen demokratischen Staaten.

Eine kurze Zwischenfrage: «Werden Sie denn auch jemals selber eine Volksinitiative lancieren? Nein? Dann stimmen Sie mir sicher zu, dass man diese ohne weiteres abschaffen könnte, wenn die Mehrheit sowieso…» Auch nein? Hhhmmm.

Die meisten von uns werden ihr ganzes Leben lang keine eigene Volksinitiative lancieren. Trotzdem gehört für uns das Recht darauf untrennbar zu unserer Vorstellung der besten aller besten Staatsformen. Allein die Möglichkeit aktiv mitzuwirken gibt uns das Gefühl, ein Teil des Ganzen zu sein. Würde man uns dieses Recht nehmen, wäre unsere Demokratie nicht mehr das, was sie ausmacht. Wir würden bei einem drohenden Verbot oder der Abschaffung zu Recht auf die Barrikaden steigen.

Ein glücklicher Mensch…

Wir sind nicht bereit, freiwillig auf unser – für die meisten rein symbolisches – Recht auf eine Volksinitiative zu verzichten. Genau so, wie ein Muslim nicht auf sein – für die meisten rein symbolisches – Recht auf ein Minarett verzichten möchte.

Geben wir doch den Gläubigen das symbolische, da theoretische, Recht auf ihr Minarett zurück. Und das praktische und konkrete überlassen wir im Einzelfall wie früher wieder den betroffenen Gemeinden. Hat doch bisher gut geklappt und allen war damit gedient. Inklusive dem religiösen Frieden in unserem kleinen Land. Denn ein ein zufriedener Mensch ist ein glücklicher Mensch ist ein friedlicher Mensch.

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Aufruf zur öffentlichen Distanzierung

Sonntag, 23. Mai 2010 14:17

Haben Sie sich heute schon von aktuellen und möglichen zukünftigen Aussagen politisch oder auf andere Art aktiver Extremisten distanziert? Nicht nur öffentlich und persönlich, sondern auch stellvertretend für Ihr näheres Umfeld?

Es gibt immer einen Grund zur Entschuldigung

Sie müssen weder Extremist noch Mitglied einer rechten oder linken Partei sein. Es reicht, wenn Sie etwas konservativ sind. Oder einen Marx im Bücherregal stehen haben. Dann sollten Sie sich zu jeder öffentlichen Äusserung von links oder rechts sofort erklären. Vielleicht auch stellvertretend für Ihre Generation. Auf jeden Fall aber, wenn Sie christliche Werte hochhalten. Oder einmal an einem ersten Mai an einer friedlichen Demo teilnahmen. Und sicherheitshalber, falls Sie einem Turnverein oder Schrebergärtnerverein aktiv sind. Sicher ist sicher.

Würden wir uns für alles verantwortlich fühlen, was auch nur entfernt mit uns und unserem Umfeld in Verbindung gebracht werden könnte, hätten wir bald nichts anderes mehr zu tun, als uns zu erklären. Für Dinge, die mit unserem Leben und unserer Einstellung direkt nichts zu tun haben.

Und doch erwarten und fordern wir dieses Verhalten zunehmend von Muslimen, Arabern und Migranten aus sogenannten Islamischen Ländern. Weil ein Konvertit sich zum Sprachrohr der Muslime ernennt und gerne öffentlich seine persönliche Meinung vertritt. Selbst ein weltoffener Zeitgenosse fragte kürzlich: «Warum distanzieren die sich nicht einfach?»

Mit ein Grund für diese stetige Forderung nach Erklärung und Distanzierung ist auch die mediale Berichterstattung.

Drei von fünf Freitagspredigten für heikel befunden

Wenn Unverständnis und Schuldzuweisungen das kulturelle Klima vergiften, ist jede ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema, die zum friedlichen Zusammenleben der Kulturen und Religionen in unserem Land beiträgt, begrüssenswert. Doch allzu oft lässt es die Berichterstattung an Ausgewogenheit fehlen.

So berichtete das Schweizer Fernsehen Anfang April 2010 in der Tageschau über einige ausgewählte Prediger und präsentierte lieber einige schwarze Schafe, anstatt ein ausgewogenes Bild der religiösen Gemeinschaften aufzuzeigen. Dies zeigt schon die Wahl des Titels «Drei von fünf Freitagspredigten heikel» während man dann im Bericht bei genauerem hinhören erfährt, dass von den 200 Moscheen in der Schweiz gezielt die fünf einschlägig bekannten für eine Übersetzung des Freitagsgebets ausgesucht wurden. Von dieser ausgesuchten Auswahl wurden dann drei Predigten als heikel bezeichnet. Was dann richtig formuliert «Drei von 200 Freitagspredigten heikel» lauten müsste. Aber «drei von fünf» klingt besser. Und wie so oft verleiten solche Zahlen – ob gewollt, oder nicht – zu Missverständnissen. In diesem Fall zur Annahme, dass 3/5 aller Freitagspredigten, anders gesagt über die Hälfte, oder in Zahlen 120 von 200, zu beanstanden seien.

Dass von dieser Auswahl dann die offenbar schlimmsten Ausschnitte der Predigten wie die Aussage, «Wenn du deine Blicke [vor der Entblössung] nicht senkst, wirst du zum Anhänger von Satan» als ideologisch heikel eingestuft wurden, würde ich sehr wohlwollend formuliert als eher einseitig bezeichnen. Zumal man den Zusammenhang zwischen «Fleischeslust» und «Versündigen» auch im christlichen Glauben kennt. Aber achten Sie einfach selber im Bericht unvoreingenommen auf den Wortlaut und ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse zu der Gefährlichkeit des Inhaltes.

Wenn das die gefährlichsten Aussagen waren, können wir wohl wieder ruhig schlafen.

Die Basis für den Tagesschaubericht und viele undifferenzierte öffentlichen Bezugnahmen in den folgenden Wochen liefert übrigens die DOK-Sendung «Hinter dem Schleier» von Karin Bauer. Leider hat sie es in den drei Monaten Recherche nicht geschafft, auch nur im Ansatz zwischen Religion, Ideologie, Kultur, Ethnie und Nationalität zu unterscheiden. Man beachte die Vermischung, beziehungsweise Gegenüberstellung, von Religion/Ideologie und Nationalität, die sich durch die ganze Sendung zieht. Auf der einen Seite die Bösen, oft konvertierte Radikale, auf der anderen Seite die Guten, in diesem Fall junge Türken, die ihre Religion etwa so ernsthaft praktizieren, wie der durchschnittliche Schweizer sein Leben nach der Bibel ausrichtet.

Wer also muss sich hier in der Schweiz von extremistischen Fundamentalisten distanzieren? Araber? Wenn ja, welcher Nationalität? Oder Muslime? Falls ja, welcher religiösen Strömung? Oder alle Konvertiten? Auch hier: welcher religiösen Richtung? Und wie sieht es mit atheistischen Muslimen aus? Auch das gibt es.

Pflicht zur Entschuldigung für alle oder niemanden

Wenn wir von jedem Moslem ernsthaft für jedes Fehlverhalten einer kleinen Gruppe eine persönliche Distanzierung oder Entschuldigung einfordern, um die Guten von den Bösen unterscheiden zu können, sollten auch wir damit beginnen, uns zu erklären.

Entschuldigen wir uns zunächst öffentlich – und zwar jeder einzeln an einer Demo, im Fernsehen, in der Zeitung und im Internet – bei den Aids-Waisen in Afrika für die Päpste und anderen Kirchenvertreter für ihre Haltung zu Kondomen und Verhütung trotz Aids/HIV. Distanzieren wir uns danach von Freikirchlern, die öffentlich zum gemeinsamen Gebet für die «Genesung» von Homosexuellen aufrufen. Und weil wir gerade dabei sind, entschuldigen wir uns auch gleich noch für unsere Politiker von links bis rechts, die zur eigenen Profilierung jeden Andersdenkenden verunglimpfen, beschimpfen und die Schweiz im Ausland in ein schlechtes Licht bringen.

Oder wir hören einfach damit auf, ganze Bevölkerungsgruppen für die Aussagen einzelner verantwortlich zu machen. Denn wie so oft ist die Welt nicht so einfach, wie wir das gerne hätten.

Wer etwas entspannter mit dem fremden Glauben umgehen will, kommt nicht darum herum, sich ein bisschen mit der Geschichte der Religionen zu beschäftigen.

Mein Buchtipp für alle, die sich einen Überblick über die Entwicklung der Religionen und das Zusammenspiel von Religion, Ideologie, Kultur, Ethnie und Nationalität verschaffen wollen: «Heilige Einfalt – Über die politischen Gefahren entwurzelter Religionen» von Olivier Roy. Klingt reisserischer als es ist. Aber auch einfacher, als man es sich manchmal wünschen würde. Brummender Kopf garantiert.

ISBN 978-3-88680-933-2

Viel Spass beim lesen.

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Thema: Buchtipps, Gesellschaft, Mensch, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Ausländer – Moslem – El Kaida – Terrorist

Sonntag, 16. Mai 2010 1:58

Das menschliche Gehirn scheint es sich manchmal ziemlich einfach zu machen. Hat es komplizierte Sachverhalte zu verarbeiten, werden verwandte Begriffe oder ganze Themenkomplexe in eine grosse Schublade zusammengepackt. Super Sache, wenn man sich schnell an das Gelernte erinnern muss. Aber auch anfällig für logische Fehler, wenn’s mehr als reine Repetition sein soll.

Schnell wird aus «70 Prozent aller Straftäter in Gefängissen sind Ausländer.» der nicht ganz richtige Umkehrschluss «70 Prozent aller Ausländer sind Straftäter.»

Ein gutes Beispiel für derartige gedankliche Vereinfachung liefert SVP-Nationalrat Hans Fehr. Im Zürcher Unterländer vom 6. Mai 2010 fällt ihm zur Burka-Diskussion nur die einzige für ihn logische Verknüpfung «Burka – Selbstmordattentat» ein. Das klingt dann so: «Auch Terroristen könnten sich mit einer Burka tarnen». Weit gedacht, Herr Fehr.

Ein weiteres eindrückliches Beispiel war am 21. April 2010 auf 20min.ch zu beobachten. Der Luzerner FDP-Jungpolitiker Maurus Zeier soll (er hat das später relativiert) in einem öffentlichen Podium zum Thema Ausländerstimmrecht gerufen haben, «dass man dann genauso gut auch Tieren das Stimmrecht geben könne».

Interessant war aber nicht der Bericht, sondern die anschliessenden Forumsbeiträge. Viele Leser regten sich über die Empörung unter den anderen Podiumsteilnehmern auf. Aussagen wie «Interessant ist bloss, dass uns islamische Imame als Tiere beschimpfen dürfen» waren im Forum gut vertreten. Man erinnere sich: Es ging im Beitrag um Ausländer allgemein, nicht um Moslems. Trotzdem wurde der Begriff Ausländer im Zusammenhang mit Tieren sofort mit der Koran-Diskussion der vorangegangenen Wochen verknüpft und ohne weiteres nachdenken mit radikalen Predigern gleichgesetzt.

Gefährlich daran ist, dass man diese Fehlleistung des Gehirns für politische Zwecke missbrauchen kann. Man denke nur an George W. Bush, der «9/11 – El Kaida – Afghanistan – Irak» in öffentlichen Auftritten so lange in einem Atemzug nannte, bis jeder die Verknüpfung «9/11 – Irak» fest im Kopf verankert hatte. Der Weg für einen Angriffskrieg ohne nennenswerten Protest war geebnet. Ähnlich verhält es sich in der Schweizer Politik mit willentlichen Verknüpfungen von «Sozialhilfe» und «Schmarotzer» oder eben «Ausländer – Araber – Moslem – Terrorist»

Nehmen wir uns doch in Zukunft wieder die Zeit, erst über Worte nachzudenken, bevor wir sie verwenden oder ungeprüft einfach schlucken. Damit aus Ausländern wieder einfache Ausländer und aus Kleidung wieder einfache Kleidung wird.

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Thema: Gesellschaft, Mensch, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Integration durch kulturellen Austausch

Donnerstag, 15. April 2010 16:09

Praktisch jede Diskussion zum Thema Migration führt früher oder später zur Forderung nach Integration. So weit, so legitim. Sofern damit nicht nur die Anstrengung des anderen gemeint ist. Integration ohne Interaktion und Kommunikation führt in eine Sackgasse. Es braucht den Willen auf beiden Seiten.

Man wird ja auch nicht vollwertiges Mitglied einer Fussballmannschaft, indem man die Spieler imitiert und etwas ähnliches wie Fussball in der nähe des Klubs spielt. Oder dadurch, dass man ein ähnlichfarbenes Trikot trägt wie die Spieler. Man muss mitspielen können. Und dürfen. Und es braucht natürlich auch mal eine Flanke von den Mitspielern, damit das Spiel in Gang kommt.

Wenn Aussenstehende zwar mitspielen sollen, aber nicht dürfen, sollte man sich nicht wundern, wenn sie sich wieder ihrem eigenen Spiel widmen. Kricket, oder was man sonst so in der Heimat kennt.

Will heissen: Wer Integration oder gar Assimilation fordert, ohne sich selber an diesem Prozess beteiligen zu wollen, verhindert die erfolgreiche Umsetzung seiner Forderung gleich selber. Dabei wäre – und ist – die berechtigte Forderung mit wenig Aufwand und ein bisschen Interesse einfach zu verwirklichen.

Aus diesem Grund möchte ich heute ein kleines, aber erfolgreiches Projekt vorstellen. Seit Anfang 2007 bietet Diwan, das Orientalische Kulturzentrum in Zürich, Schweizern und Zugezogenen aus arabischen Ländern Raum für Begegnung. Im Rahmen des gut besuchten „Arabic Speaking Club“ trifft man sich ein- bis zweimal pro Monat zu einem gemischten, geselligen Abend mit einem bunt gemischten Programm.

Das jeweilige Thema des Abends führt immer zu einem regen Austausch mit Menschen der anderen Kultur. Das fördert das Verständnis auf beiden Seiten. Ohne riesige Bürokratie. Und ohne Zwangsmassnahmen.

Wer sich für diese Art von Austausch interessiert, findet alle Informationen auf der Homepage des Kulturzentrums. Und wer weiss, vielleicht gibt es bald weitere kleine und interessante Programme aus der Bevölkerung. Zu wünschen wäre es.

Thema: Gesellschaft, Mensch, Zürich | Kommentare (0) | Autor: