Der zweifelhafte Nutzen selbsterfüllender Trendstudien

Am 23. September 2012 dürfen wir wieder einmal über zwei Volksinitiativen und einen Bundesbeschluss entscheiden. Bis dahin gilt es, sich sich eine möglichst fundierte, eigene Meinung zu bilden.

Doch noch ehe wir dafür Zeit hatten, werden wir auch schon wieder mit einer von der SRG SSR in Auftrag gegebenen Umfrage der gfs.bern eingedeckt.

Und wie bei jeder dieser Trendstudien fragt sich der Schreibende, in welcher Form die Veröffentlichung eines auf der Befragung von 1203 Stimmberechtigten basierenden «Trends» der Meinungsbildung dienen soll.

Lesen wir deshalb kurz einen vor einiger Zeit auf dem gfsbern-Blog erschienenen Beitrag von Claude Longchamp:

Wahrscheinlichste Meinungsverläufe bei Volksinitiativen

«Die Politikwissenschaft weiss über die Funktionen von Volksinitiative einiges. Ueber die Prozesse der Meinungsbildung bestehen dagegen Lücken. Die Untersuchungsreihe unseres Instituts für die SRG SSR Medien bietet deshalb eine willkommene Gelegenheit, einiges davon zu schliessen.»

Neue, für unsere Entscheidung hilfreiche Einsichten dürfen wir von solchen Umfragen also trotz übersichtlicher, grafischer Aufbereitung im Fernsehen und Internet nicht erwarten. Wahrscheinlich nicht einmal die von gfs.bern gewünschten Erkenntnisse über den Meinungsbildungsprozess. Liegt es doch durchaus im Bereich des Möglichen, dass die Veröffentlichung der Umfrage gerade die zu untersuchende Meinungsbildung beeinflusst und dadurch die soeben gewonnenen Erkenntnisse unbrauchbar macht.

Was dann – schlimmer noch – auch bedeuten würde, dass durch die Veröffentlichung die Stimmberechtigten und damit die eigentliche Abstimmung beeinflusst wird.

Wenn aber derlei Umfragen durch die Veröffentlichung wie unterstellt weder zum Verständnis des Meinungsbildungsprozesses, noch zum Meinungsbildungsprozess als solchem beitragen dürften, zu welchem Zweck werden sie dann von SRG SSR in Auftrag gegeben? Zumal die reale Gefahr besteht, dass sich viele Stimmbürger (wie in Österreich, wo gemäss «Lügen mit Zahlen 25 Prozent der Bürger bestätigten, dass sie mindestens schon einmal ihre Wahlentscheidung nach Umfrageergebnissen ausgerichtet haben) von Umfragen beeinflussen lassen.

Vielleicht sollten wir demnächst mal bei den Zuständigen bei SRG SSR nachfragen.

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Datum: Sonntag, 19. August 2012 8:15
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