Beiträge vom Dezember, 2010

Einige Gedanken zu Warnhinweisen

Mittwoch, 29. Dezember 2010 19:59

Seit dem 1. Januar 2010 sollen uns auf Zigarettenschachteln gedruckte Bilder von geschädigten Lungen, Raucherbeinen und faulenden Zähnen vor den Gefahren des Rauchens warnen. Mit dem erklärten Ziel, durch Abschreckung den Tabakkonsum und die Nikotinabhängigkeit zu verhindern oder zumindest zu reduzieren.

Ein lobenswertes Unterfangen. Immerhin sterben laut WHO weltweit fast fünf Millionen Menschen jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums. Wenn der Trend anhält, bis 2020 sogar zehn Millionen.

Doch gut gemeint ist wie wir gleich sehen werden nicht zwingend gut gemacht. Die üblen Bilder könnten gar das Gegenteil der hehren Absichten bewirken.

Erwarteter Effekt: Abschreckung

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verweist als Mitverfasser der WHO-Tabakkonvention auf internationale Studien und das Tabakmonitoring des Bundes. Bei einer Befragung in Südafrika sollen 58 Prozent der Rauchenden angegeben haben, durch Warnhinweise motiviert zu werden, das Rauchen zu reduzieren oder ganz aufzugeben. Zudem sei der Anteil der Rauchenden in der Schweiz, welche die Warnungen «immer» oder «häufig» beachten, von 27 Prozent auf 38 Prozent gestiegen.

Für ein Bundesamt mit Zugang zu unzähigen internationalen Studien sind dies doch ziemlich dürftige Fakten von zudem zweifelhafter Aussagekraft.

Wie jeder jemals zur Zigarettenabstinenz entschlossene weiss, liegt zwischen einem gutem Vorsatz und dem Schritt zur Umsetzung weit mehr als eine einfache Willensbekundung. Zudem werden Warnhinweise aktiv unterlaufen, weil der Raucher sich nicht mit den plakativen Konsequenzen seines Tuns auseinandersetzen mag. Die gesteigerte Beachtung führt beim Zigikauf lediglich zu Verhandlungen über das harmloseste Bild auf der Packung und zu einer erhöhten Nachfrage nach neutralen Zigarettenetuis.

Der erwünschte Effekt verpufft wirkungslos. Doch das ist – so absurd es klingen mag – wahrscheinlich gut so.

Unerwartete Nebeneffekte: Sucht und Krankheit

Im Jahr 2004 initiierte der Branding- und Marketing-Fachmann Martin Lindstrom eine breit angelegte, internationalen Studie über die Wirkung von Marketing auf das menschliche Gehirn. In seinem Buch «Buyology. Warum wir kaufen, was wir kaufen» beschreibt er einige erstaunliche, mittels fMRT ermittelte Zusammenhänge von Botschaften und deren Wirkung auf unser Unterbewusstsein. Einer davon sollte die Verantwortlichen beim BAG aufhorchen lassen.

In einer Teilstudie konfrontierte er die Testpersonen mit den bekannten Warnhinweisen auf Zigarettenpackungen. Doch statt Ekel oder Furcht auszulösen, regten die Bilder im Gehirn der Probanden den Nucleus accumbens, das Suchtzentrum, an. Den Teil des Gehirns, der unbezwingbares Verlangen nach Alkohol, Drogen, Sex anzeigt…

Doch es braucht nicht einmal umfassende Studien, um an der Wirksamkeit der Warnhinweise zu zweifeln. Oder schlimmeres zu befürchten.

Jeder Arzt oder Apotheker kann uns etwas über den Placebo-Effekt erzählen. Verabreicht man einem Patienten ein Präparat ohne Wirkstoff, stellt sich oft eine positive Veränderung des subjektiven Befindens und von objektiv messbaren körperlichen Funktionen ein. Das Selbe gilt – unter umgekehrten Vorzeichen – für den Nocebo-Effekt.

So weit, so schlecht also die Erfolgsaussichten. Doch damit nicht genug. Die durch die Bilder ausgelöste Lust auf Zigaretten und die Angst vor den drastisch vor Augen geführten Krankheiten dürften sich gegenseitig noch verstärken.

Grund genug, noch einmal über die Bücher zu gehen.

Falls Sie der Meinung sind, dass es etwas zu einfach wäre, den Beitrag an dieser Stelle zu beschliessen, haben Sie recht. Schliesslich liegt es auch in der Verantwortung jedes einzelnen, sich um seine Gesundheit zu sorgen. Deshalb zum Abschluss ein Tipp, für den Fall, dass Sie ernsthaft mit dem Gedanken spielen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Nutzen Sie die Verlustaversion

Bitten Sie einen Freund, ein Konto anzulegen, auf das Sie das Geld für die nicht gerauchten Zigaretten einzahlen. Wenn Sie bis zu einem vereinbarten Zeitpunkt nicht rückfällig wurden, können Sie sich Ihr Erspartes auszahlen lassen. Wenn nicht, wird das Geld an einen gemeinnützigen Verein ausbezahlt. Oder noch besser, an eine Partei oder einen Verein, dem Sie niemals freiwillig etwas spenden würden. Dazu raten zumindest Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein in ihrem Buch «Nudge»

Lassen Sie mich wissen, wie es ausgegangen ist.

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Thema: Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Lieblingszitat des Tages – Internet

Sonntag, 26. Dezember 2010 9:46

«Das Internet ist doch nur ein Hype.»

Bill Gates 1995

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Weihnachten – 16 mal

Samstag, 25. Dezember 2010 12:31

Passend zum Feiertag ein bisschen Weihnachts-Science.

httpv://www.youtube.com/watch?v=sSsPOzZiKV8

Wer noch mehr Zusammenhänge der physikalischen Welt einfach serviert bekommen will, sollte sich die restlichen Science Busters-Filmchen von Kabarettist Martin Puntigam in Zusammenarbeit mit den Physikern Heinz Oberhummer und Werner Gruber nicht entgehen lassen. Zum Beispiel den Beitrag über Kaffee. Durchaus sehenswert.

Thema: Bildungslücken | Kommentare (1) | Autor:

Weisheiten – Über Transparenz

Mittwoch, 22. Dezember 2010 15:43

«Sonnenlicht ist das beste Desinfektionsmittel.»

Amerikanischer Verfassungsrichter Louis Brandeis, gefunden in «Nudge»

Thema: Politik, Weisheiten, Wirtschaft | Kommentare (0) | Autor:

Schutz vor Waffengewalt

Donnerstag, 16. Dezember 2010 22:01

Am 13. Februar wagt die Schweiz mit der Initiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» einen Schritt Richtung waffenfreie Zone «Privater Haushalt»

Die Initianten fordern die Aufbewahrung von Militärwaffen im Zeughaus, ein eidgenössisches Waffenregister, sowie einen Bedarfs- und Fähigkeitsnachweis für den Erwerb einer Waffe.

Ohne Diskussion

Diese Forderungen sind richtig und überfällig. Kein Gegenargument (mit einer Ausnahme) kann in einer Abwägung gegen den Wert eines Menschenlebens bestehen. Egal ob 300 – so die Initianten – oder «nur» ein Mensch in unserem Land pro Jahr durch eine Schusswaffe ums Leben kommt. Darüber sollte man eigentlich mit keinem mündigen Bürger diskutieren müssen.

Man darf jedoch davon ausgehen, dass dies der traditionsbewusste Gegner etwas anders sieht und seine altbewährten Begründungen trotzdem schussbereit aus seinem Kleiderwaffenschrank holt. Ohne diese allerdings wie die daneben gelagerte Armeewaffe hin und wieder liebevoll auf ihre Tauglichkeit überprüft zu haben.

Nehmen wir ihm diese Arbeit heute für einmal ab und pusten den Staub von wenigstens einem* bei jeder Abstimmung wieder hervorgekramten Argument.

* In der Hoffnung, dass sich das lächerliche Küchenmesser-Argument (Man kann auch mit einem Messer töten. Wollt ihr die auch verbieten?) und das ebenso sinnfreie Schwarzmarkt-Argument (Waffen kann man auch auf der Strasse kaufen. Ein Register hat deshalb keinen Sinn) inzwischen den Motten ergeben haben.

Sprechen wir über die Kosten

In Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse taucht regelmässig die Frage nach den Kosten der Umsetzung einer Initiative auf. Beschäftigen wir uns deshalb heute mit den Zahlen. Genauer, mit den Kosten, die vor der Abstimmung anfallen.

Fragen wir uns zu diesem Zweck zunächst, welchen monetären Wert ein Menschenleben hat. Das ist zugegebenermassen eine etwas zynische Herangehensweise. Aber wer mit dem grundlegenden Recht auf den Schutz des Lebens nichts am Helm hat, lässt sich vielleicht für ein wirtschaftliches Argument erwärmen. Zumal der theoretische Wert eines Menschenlebens schon errechnet wurde und in der Ökonomie auf verschiedene Art Verwendung findet.

Nehmen wir als Grundlage für unsere kleine Rechnung den Wert eines statistischen Menschenlebens (WSL). Mit diesem abstrakten Wert kann man eine Kosten-Nutzen-Rechnung anstellen, um herauszufinden, ob sich beispielsweise die Investition in Sicherheit – wie die Anschaffung einer Ampel – lohnt. (Ja, die Welt ist krank.)

Nach Berechnungen des Wirtschaftswissenschaftlers Hannes Spengler beträgt besagter WSL in Deutschland für einen beschäftigten Mann 1,72 Millionen Euro und 1,43 Millionen Euro für eine beschäftigte Frau. Wer mag, darf nun den Wert von zehn Menschen in unserem Land berechnen. Oder gar deren hundert. (Dabei nicht vergessen, dass ein Schweizer nach bürgerlicher Ansicht bestimmt mindestens den doppelten Wert eines Ausländers hat.)

Vergleichen wir jetzt die errechnete Zahl damit: Der Bundesrat schätzt laut dem rechtsbürgerlichen Komitee «Waffeninitiative-nein» die einmaligen Kosten auf 6,4 Millionen Franken, die jährlich wiederkehrenden auf 11,2 Millionen – zu Lasten der Steuerzahler.

Na? Wie viele Tote darf es geben, bis sich die Initiative für unsere Wirtschaft lohnt?

Die Rechnung lässt sich auch von der anderen Seite her angehen. Wenn wir aufgerundete 12 Millionen Franken Steuern pro Jahr mehr bezahlen müssen, wie viel zahlt dann der Einzelne? Gehen wir der Einfachheit halber von drei Millionen Steuerpflichtigen aus. Das macht dann im Schnitt pro Kopf und Jahr sage und schreibe 4 Franken. Kein schlechtes Geschäft für 1 bis 300 gerettete Leben. Das bezahle ich gern. Nicht nur, weil es auch mein Leben sein könnte. Oder Ihres, lieber Leser.

Ohne Diskussion

Man muss kein Mathematiker sein, um mit diesen beiden Rechnungen zu einem klaren Resultat zugunsten der Initiative zu kommen. Erst recht, wenn man den Wert eines Menschenlebens für nicht in Euro oder Franken berechenbar hält.

Jedes einzelne Leben muss so gut wie möglich geschützt werden. Mit einem klaren JA am 13. Februar kann diese Selbstverständlichkeit ganz einfach umgesetzt werden.

Falls Sie sich nach diesem kleinen Ausflug zu einem unmenschlichen Argument gerade fragen, wie das eingangs erwähnte einzige Argument mit Hand und Fuss, das der Autor gelten lassen könnte, lautet: «Der Soldat muss bei Mobilmachung in der Lage sein, sich zu seiner Einheit durchzuschlagen.». Hier darf man sich jedoch fragen, ob diese Begründung wirklich noch zeitgemäss ist.

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Thema: Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Ein Päuschen für den Autor

Dienstag, 7. Dezember 2010 17:35

Ist gerade ein bisschen ruhig hier. Das mag daran liegen, dass der Autor sich ein kleines feriensches Päuschen gönnt. Für den Körper, nicht für den Kopf.

Will sagen: Es wird sich auf das gemütliche Sofa gefläzt. Und durch einen Stapel neuer Bücher gelesen. Nebenbei vielleicht noch ein bisschen für ein neues, privates Projektli recherchiert. Auf jeden Fall aber wird hier für ein Weilchen weniger geschrieben. Wobei noch nicht ganz sicher ist, ob der Schreiberling sich den einen oder anderen Kommentar wirklich verkneifen kann.

Zum Beispiel über die gerade veröffentlichten Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO: Die Arbeitslosigkeit hat im November von 3,5% im Oktober auf aktuell 3,6% leicht zugenommen. Wäre vielleicht einen genaueren Blick auf den Taschenrechner wert.

Oder über die Initiative «Schutz vor Waffengewalt» vom 13. Februar 2011. Der Abstimmungskampf verspricht aus Erfahrung wieder einmal ziemlich hitzig zu werden.

Oder natürlich über Wikileaks / Assange und die dazugehörigen Massstäbe betreffend Datenschutz.

Ganz abtauchen wird der Autor also nicht und für interessante Ideen, Fragen und Anregungen per Kontaktformular erreichbar bleiben.

Thema: Digital | Kommentare (2) | Autor: