Beiträge vom 12. September 2010

Gedanken zur ALV-Revision III

Sonntag, 12. September 2010 12:47

Es geistern so viele Halbwahrheiten zur anstehenden Abstimmung durch die offiziellen Parteikanäle, dass man gar nicht weiss, wo man mit kopfschütteln beginnen soll. Schauen wir uns heute die Wahrheiten derer an, die sich für einen «stärkeren Werk-, Finanz- und Forschungsplatz Schweiz» einsetzen. Und für einen bürgerfreundlicheren Staat.

«Die Liberalen setzt sich für eine gesunde Arbeitslosenversicherung ein, welche schnell, unbürokratisch und gezielt Personen hilft, die ihren Job verloren haben.»

So weit, so gut. Wenn es sein muss, wird dem unverschuldet Arbeitslosen geholfen.

«Die ALV darf aber kein Tummelbecken für Arbeitsscheue sein oder zu Arbeitslosentourismus animieren.»

Keine Unterstützung arbeitsscheuer Arbeitsloser. Den Grossteil direkter Zahlungen eingespart. Problem gelöst. Es sei denn, die meisten Erwerbslosen sind die ehrlichen Personen, denen gezielt geholfen werden soll.

Macht aber auch nichts. Wer mit der Forderung wie «Leistungsorientierung von der Grund- bis zur Hochschule» das Patentrezept gegen Wirtschaftskrisen kennt, hat noch weitere gute Argumente in der Hinterhand.

«Heute setzt die Arbeitslosenversicherung falsche Anreize. Zu lange bleiben deswegen Arbeitslose ohne Job.»

Die Welt ist grundsätzlich einfach. Wer mag, kann zum Spass auf der FDP-Homepage die Erwähnung der Forderung nach «Vereinfachung» zählen.

«Die Fairness verlangt jedoch, dass diese rasch eine zumutbare Beschäftigung annehmen.»

Und zwar jede. Ein Schelm der an die Vorteile von Niedrigstlöhnen denkt.

«Dank längeren Wartezeiten, einer stärkeren Koppelung von Beitragsdauer und Beitragszeit sowie einer kürzeren Bezugsdauer bei Jugendlichen wird dies erreicht.»

Längere Wartezeit, kürzere Bezugsdauer. Et Voilà, praktisch jeder der aktuell 142’879 bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren eingeschriebenen Arbeitslosen findet eine Stelle. Der Rest wird ausgesteuert.

Man darf sich fragen, warum sich die FDP weiterhin für einen attraktiven Standort mit tiefen Sozialabgaben und Steuern stark macht, der Unternehmen anzieht und Arbeitsplätze schafft.

«Zudem wird das unsinnige Pendeln zwischen staatlichen Beschäftigungsprogrammen und Arbeitslosenversicherung verhindert.»

Und zugleich wird – man erinnere sich an die Forderung nach «Leistungsorientierung» – das Angebot der berufliche Qualifizierung und Wiedereingliederung faktisch versenkt. Ohne Erarbeitung von Beitragszeiten werden Beschäftigungsprogramme unattraktiv. Für die Ämter.

Will sagen, wie meist bei einfachen Lösungen ist auch diese kontraproduktiv. Der eingangs genannte «Arbeitsscheue» muss bei einem «Ja» keinen Kurs mehr besuchen. Der an Kursen interessierte Lern- und Leistungswillige wird es schwieriger haben, einen bewilligt zu bekommen.

«Die Grundleistungen der ALV bleiben jedoch weiterhin gewährleistet!»

Zu Sätzen mit Ausrufezeichen habe ich mich an anderer Stelle schon geäussert.

Thema: Gesellschaft, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor: