Beiträge vom Mai, 2010

Kleider machen halbe Leute

Montag, 31. Mai 2010 15:33

Bäcker, Polizisten, Manager, Geistliche, Handwerker. Alle zeigen uns mit ihrer Kleidung, wer sie sind. Beziehungsweise, was wir glauben sollen, wer sie seien. Selbst der Nudist. Der eine führt uns anhand getragenem Blütenweiss seinen berufsbedingten Hygienefimmel vor Augen. Der andere demonstriert durch eine martialisch anmutende Kampfmontur mit allerlei dunklem Besteck am Gurt und in den Taschen seine Macht und Stärke. Und einer trägt weisse Socken. Warum auch immer.

Eine stillschweigende Vereinbarung

Wir alle kennen das Spiel mit Kleidung und Persönlichkeit aus eigener Erfahrung. Wir spielen mit und lassen uns spielen, damit das Leben seinen geregelten Gang gehen kann. Tagsüber unterstreichen wir mit Arbeitskleidung unsere berufliche Kompetenz. Abends brezeln wir uns für die Party auf, damit man uns ganz schön schön oder zumindest ganz schön interessant findet. Und wenn wir zu wild feiern, bringen wir den anrückenden Berufsverkleideten den nötigen Respekt entgegen.

Aber der gewählte Kleidungsstil samt Accessoires macht noch keine ganze Persönlichkeit aus. Neben den beliebig austauschbaren stofflichen Statussymbolen und der beachtlichen Manipulationskraft lernbarer Körpersignale, beeinflussen auch naturgegebene Faktoren unsere Wahrnehmung. Ausstrahlung und überdurchschnittliche Körpergrösse zum Beispiel wirken sich sowohl auf den Marktwert als Single, als auch auf die Chancen auf eine Bilderbuchkarriere aus.

Auch eine perfekte Silhouette ist einem erfolgreichen Berufs- wie Liebesleben nicht abträglich. Wer kann, lässt deshalb hinbiegen und schnippeln was geht, damit die Fremdwahrnehmung wieder schmeichelt.

Unscheinbare Manipulatoren mit Folgen

Bei diesem weit verbreiteten Hang zum optischen Wohlgefallen geht gerne mal der unterschwellige Einfluss anderer wichtiger Faktoren unter, die genauso sehr wie visuelle Reize Ihre Wirkung entfalten. Wie in «Naming – oder Wortwitz-Overkill» schon besprochen, lösen auch Namen Assoziationen aus. Dies erfahren heute vor allem Jugendliche mit einer ic-Namensendung auf Lehrstellensuche. Auch ein Verdienst einiger Schweizer Christophe.

Sie werden kaum abstreiten, dass auch Sie einen Peter Süssli (die folgenden Personen gibt es wirklich) irgendwie süss finden. Vor allem, wenn er passenderweise auch noch gelernter Konditor / Confiseur ist. Und für den Schreiner Andreas Klemm würde mindestens ein heimliches Kichern als Trinkgeld rausspringen, wenn Sie Ihre verzogenen Holztüren oder –schubladen zum richten brächten.

Etwas länger müssten Sie vielleicht vor der Entbindung bei der Entscheidung für einen der beiden – sicherlich kompetenten – Gynäkologen und Geburtshelfer Dr. med Andrei Drakul oder Dr. med Peter Messerli nachdenken. Es sei denn, Sie hätten sich schon für einen Kaiserschnitt entschieden.

Ob man will oder nicht, jeder Name hat eine Wirkung. Wir neigen dazu, einer Person unbewusst Attribute wie «Liebenswert» und «Fleissig», aber auch «Unfähig» und «Gefährlich» zuzuweisen. Dies ist für die Betroffenen mal schmeichelhaft, mal weniger. Aber für einen Erwachsenen kein grösseres Problem. Gut möglich, dass sich der eine oder andere der oben erwähnten – ich hoffe nicht alle – sogar erst durch den Namen zur Berufswahl inspirieren liess.

Ein kleiner Test

Was für den Nachnamen im positiven wie im negativen gilt, gilt erst recht für den Vornamen, der weit emozionaler besetzt ist und sehr eng mit der eigenen Persönlichkeit verknüpft wird.

Lesen Sie bitte das folgende Wort in Klammern, schliessen Sie dann die Augen und kategorisieren Sie das Gefühl zu dem Wort als angenehm, neutral oder unangenehm. Danach die Augen wieder öffnen nicht vergessen, damit wir uns weitere Gedanken zu unserem kleinen Test machen können. Also obacht:

«HUGO»

Würden Sie mit einem Träger dieses Namens Zeit verbringen wollen? Ihren Wohnungsschlüssel anvertrauen? Eine Arbeit geben?

Falls Sie einen Hugo kennen, wird sich das Gefühl für den unbekannten Hugo vermutlich an Ihren Erfahrungen mit dieser Person orientieren. Also netter Hugo, angenehme Erinnerung. Nerviger Hugo, unangenehme Erinnerung. Kennen Sie keinen Hugo, stellt sich wahrscheinlich trotzdem unbewusste ein Bild samt Einschätzung der Person hinter diesem Namen ein. Mit weit reichenden Konsequenzen für den wirklichen Hugo.

Kevin, Noah, Chiara und Schackeliine

Es lässt sich kaum vermeiden, dass wir einer neuen Bekanntschaft allein anhand ihres Namens unbewusst ihren Platz in unserer Sympathieschublade zuordnen. Selbst wenn niemand in unserem direkten Bekanntenkreis den entsprechenden Namen trägt.

Man denke an «Ueli der Knecht» und «Ueli der Pächter». Das klingt altbacken, konservativ, nach Landwirtschaft. Ein Ueli kommt vom Land und hat wenig mit der grossen, weiten Welt am Hut.

Unser «BrUM» – Bundesrat Ueli Maurer – scheint diese Einschätzung als ehemaliger Geschäftsführer einer landwirtschaftlichen Genossenschaft, Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbandes und Präsident des Verbandes Schweizerischer Gemüseproduzenten zu bestätigen. Und holt damit das Vorurteil aus der heilen, verstaubten Heimatfilmwelt in die äusserst reale Gegenwart.

Diese Verknüpfung funktioniert auch in die Gegenrichtung. Während ein Name unsere Wahrnehmung bestimmen kann, beeinflusst auch die Umgebung die Namensgebung. Zum Beispiel, wenn Eltern aus einer ländlichen Gegend ihren Kindern einen zu diesem Umfeld passende Namen geben. Oder wenn sich eine Mutter wegen einer frisurtechnischen Ähnlichkeit zu den Lausbuben – sprich heute schwererziehbare Jugendstraftäter – aus Heinrich Christian Wilhelm Busch’s Werk inspirieren lässt. Wie Mami Leuenberger die Namenswahl für Ihren Sohn in einem Interview einmal erklärt haben soll.

So gesehen liegen wir mit unserer spontanen Einschätzung also vielleicht doch gar nicht immer so falsch.

Deshalb eine Bitte, liebe zukünftige Eltern. Wenn Sie sich vorgenommen haben, für Ihren Nachwuchs nur das Beste zu wollen, vergessen Sie nicht, auch etwas Zeit in den Namen zu investieren. Ihr Kind muss sich später auch als Kevin, Noah, Chiara oder Schackeliine im Leben behaupten. Und nicht jeder mit einem vorbelasteten Namen kann Bundesrat werden.

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Das cha sogar s’letscht Beeri

Donnerstag, 27. Mai 2010 21:37

Ein Blick in mein geliebtes Tiptopf zeigt, dass schon bald wieder Süsse-Erdbeer-Zeit angesagt ist. Von Anfang Juni bis Mitte August ist Erdbeersaison. Allerhöchste Zeit also, sich mit der Zubereitung eines wohlschmeckenden Erdbeerfrappés auseinander zu setzen.

ErdbeereEine Erklärung für euch Männer da draussen: Inländische Früchte sind während der Saison preiswerter, aromatischer und enthalten mehr Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Will sagen: ist gut – günstig – lecker und dazu noch gesund. Und das Ganze ist auch noch binnen kürzester Zeit zubereitet. Und ideal für ein Lob, falls ihr zur Abwechslung mal euere liebsten Frauen «bekocht». Dies aber nur am Rande.

Ich stelle hier mal die einfachste Variante vor.

Man nehme für einen leckeren Liter

8 dl Milch
50-100 g Zucker (je nach Süsse der Beeren und der Süssen)
150 g Erdbeeren (oder mehr)
1/2 Kaffeelöffel Vanillezucker

Und bereite das ganze folgendermassen zu

In Mixbecher geben und vollgas mixen.

Das war’s? Das war’s. Wer mag, kann auch mit Naturjoghurt, Vanilleglace, Orange, Limone und Honig experimentieren. Danach noch ein bisschen kalt stellen – für den, der so lange warten kann.

Wünsche guten Appetit.

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Thema: Rezept | Kommentare (0) | Autor:

Aufruf zur öffentlichen Distanzierung

Sonntag, 23. Mai 2010 14:17

Haben Sie sich heute schon von aktuellen und möglichen zukünftigen Aussagen politisch oder auf andere Art aktiver Extremisten distanziert? Nicht nur öffentlich und persönlich, sondern auch stellvertretend für Ihr näheres Umfeld?

Es gibt immer einen Grund zur Entschuldigung

Sie müssen weder Extremist noch Mitglied einer rechten oder linken Partei sein. Es reicht, wenn Sie etwas konservativ sind. Oder einen Marx im Bücherregal stehen haben. Dann sollten Sie sich zu jeder öffentlichen Äusserung von links oder rechts sofort erklären. Vielleicht auch stellvertretend für Ihre Generation. Auf jeden Fall aber, wenn Sie christliche Werte hochhalten. Oder einmal an einem ersten Mai an einer friedlichen Demo teilnahmen. Und sicherheitshalber, falls Sie einem Turnverein oder Schrebergärtnerverein aktiv sind. Sicher ist sicher.

Würden wir uns für alles verantwortlich fühlen, was auch nur entfernt mit uns und unserem Umfeld in Verbindung gebracht werden könnte, hätten wir bald nichts anderes mehr zu tun, als uns zu erklären. Für Dinge, die mit unserem Leben und unserer Einstellung direkt nichts zu tun haben.

Und doch erwarten und fordern wir dieses Verhalten zunehmend von Muslimen, Arabern und Migranten aus sogenannten Islamischen Ländern. Weil ein Konvertit sich zum Sprachrohr der Muslime ernennt und gerne öffentlich seine persönliche Meinung vertritt. Selbst ein weltoffener Zeitgenosse fragte kürzlich: «Warum distanzieren die sich nicht einfach?»

Mit ein Grund für diese stetige Forderung nach Erklärung und Distanzierung ist auch die mediale Berichterstattung.

Drei von fünf Freitagspredigten für heikel befunden

Wenn Unverständnis und Schuldzuweisungen das kulturelle Klima vergiften, ist jede ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema, die zum friedlichen Zusammenleben der Kulturen und Religionen in unserem Land beiträgt, begrüssenswert. Doch allzu oft lässt es die Berichterstattung an Ausgewogenheit fehlen.

So berichtete das Schweizer Fernsehen Anfang April 2010 in der Tageschau über einige ausgewählte Prediger und präsentierte lieber einige schwarze Schafe, anstatt ein ausgewogenes Bild der religiösen Gemeinschaften aufzuzeigen. Dies zeigt schon die Wahl des Titels «Drei von fünf Freitagspredigten heikel» während man dann im Bericht bei genauerem hinhören erfährt, dass von den 200 Moscheen in der Schweiz gezielt die fünf einschlägig bekannten für eine Übersetzung des Freitagsgebets ausgesucht wurden. Von dieser ausgesuchten Auswahl wurden dann drei Predigten als heikel bezeichnet. Was dann richtig formuliert «Drei von 200 Freitagspredigten heikel» lauten müsste. Aber «drei von fünf» klingt besser. Und wie so oft verleiten solche Zahlen – ob gewollt, oder nicht – zu Missverständnissen. In diesem Fall zur Annahme, dass 3/5 aller Freitagspredigten, anders gesagt über die Hälfte, oder in Zahlen 120 von 200, zu beanstanden seien.

Dass von dieser Auswahl dann die offenbar schlimmsten Ausschnitte der Predigten wie die Aussage, «Wenn du deine Blicke [vor der Entblössung] nicht senkst, wirst du zum Anhänger von Satan» als ideologisch heikel eingestuft wurden, würde ich sehr wohlwollend formuliert als eher einseitig bezeichnen. Zumal man den Zusammenhang zwischen «Fleischeslust» und «Versündigen» auch im christlichen Glauben kennt. Aber achten Sie einfach selber im Bericht unvoreingenommen auf den Wortlaut und ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse zu der Gefährlichkeit des Inhaltes.

Wenn das die gefährlichsten Aussagen waren, können wir wohl wieder ruhig schlafen.

Die Basis für den Tagesschaubericht und viele undifferenzierte öffentlichen Bezugnahmen in den folgenden Wochen liefert übrigens die DOK-Sendung «Hinter dem Schleier» von Karin Bauer. Leider hat sie es in den drei Monaten Recherche nicht geschafft, auch nur im Ansatz zwischen Religion, Ideologie, Kultur, Ethnie und Nationalität zu unterscheiden. Man beachte die Vermischung, beziehungsweise Gegenüberstellung, von Religion/Ideologie und Nationalität, die sich durch die ganze Sendung zieht. Auf der einen Seite die Bösen, oft konvertierte Radikale, auf der anderen Seite die Guten, in diesem Fall junge Türken, die ihre Religion etwa so ernsthaft praktizieren, wie der durchschnittliche Schweizer sein Leben nach der Bibel ausrichtet.

Wer also muss sich hier in der Schweiz von extremistischen Fundamentalisten distanzieren? Araber? Wenn ja, welcher Nationalität? Oder Muslime? Falls ja, welcher religiösen Strömung? Oder alle Konvertiten? Auch hier: welcher religiösen Richtung? Und wie sieht es mit atheistischen Muslimen aus? Auch das gibt es.

Pflicht zur Entschuldigung für alle oder niemanden

Wenn wir von jedem Moslem ernsthaft für jedes Fehlverhalten einer kleinen Gruppe eine persönliche Distanzierung oder Entschuldigung einfordern, um die Guten von den Bösen unterscheiden zu können, sollten auch wir damit beginnen, uns zu erklären.

Entschuldigen wir uns zunächst öffentlich – und zwar jeder einzeln an einer Demo, im Fernsehen, in der Zeitung und im Internet – bei den Aids-Waisen in Afrika für die Päpste und anderen Kirchenvertreter für ihre Haltung zu Kondomen und Verhütung trotz Aids/HIV. Distanzieren wir uns danach von Freikirchlern, die öffentlich zum gemeinsamen Gebet für die «Genesung» von Homosexuellen aufrufen. Und weil wir gerade dabei sind, entschuldigen wir uns auch gleich noch für unsere Politiker von links bis rechts, die zur eigenen Profilierung jeden Andersdenkenden verunglimpfen, beschimpfen und die Schweiz im Ausland in ein schlechtes Licht bringen.

Oder wir hören einfach damit auf, ganze Bevölkerungsgruppen für die Aussagen einzelner verantwortlich zu machen. Denn wie so oft ist die Welt nicht so einfach, wie wir das gerne hätten.

Wer etwas entspannter mit dem fremden Glauben umgehen will, kommt nicht darum herum, sich ein bisschen mit der Geschichte der Religionen zu beschäftigen.

Mein Buchtipp für alle, die sich einen Überblick über die Entwicklung der Religionen und das Zusammenspiel von Religion, Ideologie, Kultur, Ethnie und Nationalität verschaffen wollen: «Heilige Einfalt – Über die politischen Gefahren entwurzelter Religionen» von Olivier Roy. Klingt reisserischer als es ist. Aber auch einfacher, als man es sich manchmal wünschen würde. Brummender Kopf garantiert.

ISBN 978-3-88680-933-2

Viel Spass beim lesen.

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Thema: Buchtipps, Gesellschaft, Mensch, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Lieblingszitat des Tages – Minarett

Freitag, 21. Mai 2010 6:47

«Wir dùrfen ja auch keine Kirche im Moslem aufstellen. Was würde das geben?!»

Leserkommentar zum Minarettverbot

Thema: Zitate | Kommentare (0) | Autor:

Meine Daten sind deine Daten

Dienstag, 18. Mai 2010 16:56

Seit Monaten gerät Google mit seinen Diensten immer wieder in die Schlagzeilen. Das ist gut so. Die Diskussion über die Sammelwut privater Firmen muss geführt werden. Genauso wie diejenige, über die vielfältigen Schnüffeleien und Datenbanken öffentlicher Institutionen. Aber eine Gefahr für die eigenen Daten geht auch von jedem einzelnen aus.

Wie ernst nehmen Sie es persönlich mit Ihrer Privatsphäre?

Wissen Sie, welche Spuren Sie täglich im www freiwillig hinterlassen? Allein schon mit diesem Besuch auf meinem Blog offenbaren Sie mir mehr, als Ihnen wahrscheinlich bewusst ist.

Als Inhaber dieses Blogs verfüge ich wie jeder andere Homepagebetreiber über eine Besucherstatistik. Schon während Sie dies hier lesen, kann ich Ihren ungefähren Standort anhand Ihrer IP-Adresse lokalisieren. Sollten Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz über das Netzwerk Ihres Arbeitgebers ins Internet begeben, kann es sogar sein, dass Ihre IP auch Angaben über Ihren Arbeitgeber preisgibt. Ich erfahre ohne weitere Recherche, für wen Sie arbeiten. Und damit auch, ob Sie während der Arbeitszeit privat surfen. Über NetIP oder Dein-IP-Check können Sie das selber ausprobieren.

Ihre aktuellen Angaben:

Lade IP-Informationen

Für sich genommen sagen diese Informationen natürlich noch nicht viel aus. Aber beim täglichen Surfen überlassen Sie Ihre Daten nicht nur mir. Jede Webadresse die Sie besuchen, sammelt unzählige Datensätze.

Und jetzt wird’s interessant.

Viele Betreiber von Homepages, Foren etc stellen ihre Statistiken der Öffentlichkeit frei zur Verfügung. Mit einer beliebigen Suchmaschine lassen sich die erhaltenen Daten mit wenig Aufwand mit solchen aus dem Internet verknüpfen. Und damit kann man eine ganze Menge anfangen.

Ein Beispiel: Sie diskutieren in einem Forum unter dem Pseudonym ABC über ein beliebiges Thema. Erstens weiss ich jetzt, was Sie privat so beschäftigt. Und da ich auch weiss, dass sich niemand gerne viele Pseudonyme merkt, finde ich mit einer einfachen Websuche nach diesem Pseudonym vermutlich noch weitere Beiträge von Ihnen. Es kann aber auch sein, dass Sie sich über die gleiche IP-Adresse auf einer anderen Plattform mit Ihrem richtigen Namen zu Wort gemeldet haben. Schon kann ich Ihren Namen dem Pseudonym zuordnen.

Nicht auszudenken, was ein Profi aus diesen Daten macht.

Bedenkt man, was ich als Laie schon alles herausfinden kann, kann man sich vorstellen, wozu jemand mit Zugang zu speziellen Tools in der Lage sein muss. Denn neben der eingangs erwähnten IP-Adresse verraten Sie auch welches Computersystem Sie verwenden. Samt Angabe über die aktuelle Version, Spracheinstellung, den verwendeten Browser und sogar die Bildschirmauflösung und Farbtiefe Ihres Monitors. Das kann von Interesse sein, wenn jemand Ihren Computer mit Viren, Trojanern etc angreifen will.

Wie viel genau Sie von sich preisgeben, können Sie mit dem Anonymitäts-Test auf der Homepage der Uni Dresden herausfinden. Und wie angreifbar Ihr Computer ist, (auf «Continue to Symantec Security Check» klicken und am besten erst nach dem Lesen probieren: Blogfenster kann durch den Test geschlossen werden) mit dem Security-Check von Symantec. Zudem gibt es Seiten, die Ihrem Computer schon rein durch den Besuch Schaden zufügen können. Falls Sie eine Seite ansurfen wollen, von deren Sicherheit Sie nicht ganz überzeugt sind, können Sie über Safeweb herausfinden, ob die Website schon als gefährlich bekannt ist.

Die Gefahr kann aber auch aus unvermuteter Richtung kommen.

Wer sich – selbst aus reiner Neugier – die falschen Seiten anschaut , kann schnell ins Visier staatlicher Stellen geraten. Dafür muss man nicht an Verschwörungstheorien glauben. Laut Spiegel Online so geschehen in England, wo ein 22jähriger Student und ein Uni-Mitarbeiter wegen einer Doktorarbeit unter Terrorverdacht gerieten und festgenommen wurden. Ihr Verbrechen: Sie hatten auf der Website des US-Justizministeriums ein Trainingshandbuch der Qaida heruntergeladen.

Anonymität kann also angebracht sein.

Natürlich kann man darauf bestehen, dass man nichts zu verbergen hat. Wer trotzdem nicht alles von sich zeigen will, erhält mit dem kostenlosen Anonymisierungsdienst Jap/JonDonym der Uni Regensburg und Dresden eine gute Möglichkeit, die eigene IP-Adresse einigermassen gut zu schützen. Mehrere IP-Adressen werden dort auf einem Server gemixt und mit einer neuen IP auf Reisen geschickt. Das ist etwas langsamer als der normale Zugriff aufs Internet. Aber wenn man bei einzelnen Seiten keine Adresse hinterlassen will, eine gute Alternative. Etwas mehr über die Privatsphäre im www erfahren Sie ebenfalls auf der Seite der Uni Dresden.

Lassen Sie sich jetzt aber nicht die Freude am Internet verderben. Jeder hinterlässt Spuren. Man sollte es sich nur bewusst sein.

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Thema: Bildungslücken, Digital, International | Kommentare (0) | Autor:

Ausländer – Moslem – El Kaida – Terrorist

Sonntag, 16. Mai 2010 1:58

Das menschliche Gehirn scheint es sich manchmal ziemlich einfach zu machen. Hat es komplizierte Sachverhalte zu verarbeiten, werden verwandte Begriffe oder ganze Themenkomplexe in eine grosse Schublade zusammengepackt. Super Sache, wenn man sich schnell an das Gelernte erinnern muss. Aber auch anfällig für logische Fehler, wenn’s mehr als reine Repetition sein soll.

Schnell wird aus «70 Prozent aller Straftäter in Gefängissen sind Ausländer.» der nicht ganz richtige Umkehrschluss «70 Prozent aller Ausländer sind Straftäter.»

Ein gutes Beispiel für derartige gedankliche Vereinfachung liefert SVP-Nationalrat Hans Fehr. Im Zürcher Unterländer vom 6. Mai 2010 fällt ihm zur Burka-Diskussion nur die einzige für ihn logische Verknüpfung «Burka – Selbstmordattentat» ein. Das klingt dann so: «Auch Terroristen könnten sich mit einer Burka tarnen». Weit gedacht, Herr Fehr.

Ein weiteres eindrückliches Beispiel war am 21. April 2010 auf 20min.ch zu beobachten. Der Luzerner FDP-Jungpolitiker Maurus Zeier soll (er hat das später relativiert) in einem öffentlichen Podium zum Thema Ausländerstimmrecht gerufen haben, «dass man dann genauso gut auch Tieren das Stimmrecht geben könne».

Interessant war aber nicht der Bericht, sondern die anschliessenden Forumsbeiträge. Viele Leser regten sich über die Empörung unter den anderen Podiumsteilnehmern auf. Aussagen wie «Interessant ist bloss, dass uns islamische Imame als Tiere beschimpfen dürfen» waren im Forum gut vertreten. Man erinnere sich: Es ging im Beitrag um Ausländer allgemein, nicht um Moslems. Trotzdem wurde der Begriff Ausländer im Zusammenhang mit Tieren sofort mit der Koran-Diskussion der vorangegangenen Wochen verknüpft und ohne weiteres nachdenken mit radikalen Predigern gleichgesetzt.

Gefährlich daran ist, dass man diese Fehlleistung des Gehirns für politische Zwecke missbrauchen kann. Man denke nur an George W. Bush, der «9/11 – El Kaida – Afghanistan – Irak» in öffentlichen Auftritten so lange in einem Atemzug nannte, bis jeder die Verknüpfung «9/11 – Irak» fest im Kopf verankert hatte. Der Weg für einen Angriffskrieg ohne nennenswerten Protest war geebnet. Ähnlich verhält es sich in der Schweizer Politik mit willentlichen Verknüpfungen von «Sozialhilfe» und «Schmarotzer» oder eben «Ausländer – Araber – Moslem – Terrorist»

Nehmen wir uns doch in Zukunft wieder die Zeit, erst über Worte nachzudenken, bevor wir sie verwenden oder ungeprüft einfach schlucken. Damit aus Ausländern wieder einfache Ausländer und aus Kleidung wieder einfache Kleidung wird.

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Thema: Gesellschaft, Mensch, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

Kunst & Politik

Freitag, 14. Mai 2010 17:25

Beinahe täglich wird in der Schweiz gegen eine Minderheit gehetzt, um aus den angeblichen Problemen politisches Kapital zu schlagen. Das soziale und kulturelle Klima wird zunehmend vergiftet. Nicht zuletzt, weil das Feld bisher kampflos den Politikern und ihren Eigeninteressen überlassen wurde.

Wo bleiben die Stimmen aus der Kunst- und Kulturszene? Viel zu selten verschaffen sich Künstler und Kulturschaffende öffentliches Gehör. Es reicht nicht, sporadisch und auf Einladung die eigene Meinung in ein Mikrofon oder eine Kamera zu sprechen, um in diesem Land etwas positives zu bewirken.

Es wird Zeit, sich aktiv einzumischen.

Aus diesem Grund trafen sich am Samstag, 8. Mai 2010 Schweizer Kunst- und Kulturschaffende im Berner Schlachthaustheater, um sich darüber auszutauschen, wie sich Künstlerinnen und Künstler mit ihrer Arbeit, aber auch als öffentliche Personen politisches Gehör verschaffen können. «Ein sehr inspirierender Nachmittag» wie der Filmschaffende Samir zu berichten weiss. Und «der politische Diskurs unter den Kulturschaffenden wird weiter gehen».

Die Zusammenkunft wurde denn auch gleich genutzt, um den Willen zur Zusammenarbeit zu bekräftigen. Dazu wurde das eigens zu diesem Zweck verfasste «Kanarienvogelmanifest» verabschiedet.

Kunst & Politik | Daniel de Roulet | Das Kanarienvogelmanifest

httpv://www.youtube.com/watch?v=MHYhm8qklMY

Weitere Informationen samt Wortlaut des Kanarienvogelmanifests und die Möglichkeit, sich zu engagieren, gibt es auf der Homepage appel.lemata. Einige Bilder zur Veranstaltung auf dem Kultpavillonblog.

Thema: Gesellschaft, Kunst, Politik, Schweiz | Kommentare (0) | Autor:

ALV-Sanierung auf Kosten der Arbeitslosen

Donnerstag, 13. Mai 2010 18:12

Einmal mehr zeigen die Bürgerlichen, wie man schwierige Probleme auf einfache Art löst. Auf dem Rücken der Betroffenen. Bei der geplanten Sanierung der Arbeitslosenversicherung, folgerichtig auf dem der Arbeitslosen. Mit dem schönen Nebeneffekt, gleich noch die Arbeitslosen-Statistik durch abschieben der Versicherten in «egal welchen» Job oder deren abgleiten in die Sozialhilfe schönen zu können.

Geht es nach CVP, FDP und SVP, soll bei den Arbeitslosen wie schon bei der letzten Revision 2002 durch massive Kürzungen der Bezugsdauer gespart werden. Statt 400 sollen Versicherte mit 12 Monaten Beitragszeit in Zukunft nur noch 260 Taggelder (ein Jahr) erhalten. Unter 25jährige sogar nur 200. Am liebsten würde man mit einer degressiven Kürzung der Taggeldhöhe bei Langzeitarbeitslosen auch noch einen weiteren Anreiz schaffen, sich intensiver um die Arbeitssuche zu kümmern.

Dabei wird der Arbeitslose schon heute bei jeder Gelegenheit an seine «Schadensminderungspflicht» gegenüber der Arbeitslosenversicherung erinnert. Wer sich beispielsweise nicht um eine «angemessene» und schriftlich festgehaltene Anzahl an Bewerbungen pro Monat bemüht, wird mit 1 bis 60 Einstelltagen bestraft. Das heisst, mit voll auf das Taggeldguthaben angerechneten Tagen, die aber nicht ausbezahlt werden. Dabei ist es irrelevant, ob es in diesem Monat auch wirklich genügend «zumutbare» Stellen gab. Das neue automatisierte Abrechnungs- und Kontrollsystem kennt keine Ausnahmen.

Durch solche und andere Druckmittel und Androhung von Zwangsmassnahmen bei Nichteinhaltung werden Arbeitslose dazu gezwungen, sich um alle «zumutbaren» – sprich, alle möglichen und unmöglichen – Stellen zu bewerben. Leider finde ich die Quelle nicht mehr, aber kürzlich wurden Zahlen veröffentlicht, die belegen, dass eine hohe Zahl ehemaliger Arbeitsloser sich schon nach drei bis neun Monaten nach Stellenantritt erneut arbeitslos melden. Kein Wunder hat die Bürgerliche Strategie schon in den vergangenen Jahren nichts zur Entlastung der Arbeitslosenversicherung beigetragen.

Schlimmer noch. Die amtliche Fixierung auf Quantität statt Qualität der Bewerbungen hat weitreichende und vor allem kontraproduktive Auswirkungen auf die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Wie mir bekannte Personalverantwortliche bestätigen, melden sich vermehrt stellenlose, klar ungeeignete Kandidaten auf Stellenausschreibungen. Dies bedeutet zunächst einmal einen massiven Mehraufwand, die Flut an Bewerbungen nur schon zu sortieren. Stellt sich dann im Gespräch heraus, dass Bewerber sich melden mussten, vielleicht sogar weil sie eine Zuweisung durch das Arbeitsamt erhielten, wird die Angabe «Stellensuchend» im Lebenslauf früher oder später schon in der ersten Sichtungsphase zum Ausschlusskriterium. Der interessierte und fähige Bewerber ohne Anstellung wird gleich zweifaches Opfer der Arbeitsamt-Strategie.

Wenn man unbedingt sparen will, statt sinnvoll zu investieren, sollte man damit nicht bei den Taggeldern, sondern bei den unzähligen sinnlosen, aber vorgeschriebenen Kursen beginnen. Kurse, die heute jeder Arbeitslose nach einer gewissen Zeit besuchen muss. So wird zum Beispiel jeder – selbst der ausgebildete Personalberater – nach wenigen Monaten automatisch und obligatorisch zu mehrwöchigen Bewerbungstrainingskursen geschickt. Wo er lernen soll, wie man sich richtig bewirbt. Oder ein mir bekannter Schweisser nach 30 Jahren Berufserfahrung in einen Schweisskurs geschickt, um ein spezielles Schweisser-Zertifikat zu erwerben. Kurz vor der Pensionierung.

Natürlich verspricht der Rasenmäher über den Köpfen der Arbeitslosen auf den ersten Blick grössere Einsparungen. Aber die Konsequenzen werden – und tun es, wie gerade geschildert schon heute – das Gegenteil bewirken.

Thema: Gesellschaft, Mensch, Politik | Kommentare (0) | Autor:

Der Mann und die Inhaltsstoffe

Samstag, 8. Mai 2010 16:50

Der unverbesserliche Ehe- oder gerade-kürzlich-noch Singlemann kennt es: Der Spontaneinkauf der Sorte reingehen, gezielt – weil Routine – zugreifen, bezahlen und wieder gehen, ist passé. Wenn Frau/Freundin mitgeht, will jede Produktinformation ausführlich gelesen sein. Egal wie klein der Aufdruck auch sein mag. Jede Packung wird dreimal gedreht, unter das flackernde Neonlicht gehalten, bis die Inhaltsstoffe entziffert und die Packung wieder zurück ins Regal gestellt ist.

Es gibt Abhilfe

Statt ungeduldig oder gar nörgelnd zu warten, kann Mann die Sache jetzt beschleunigen. Dank den Frauen und Männern von codecheck.info, die jedem Interessierten den direkten Zugriff auf eine riesige Datenbank mit Informationen zu den Inhaltsstoffen aller Arten von Produkten ermöglichen. Und das Beste: Für uns Technikspielkinder gibt es dazu ein Programm, das unser Lieblingsspielzeug Handy in einen Scanner umfunktioniert. Programm öffnen, Produkt-Code scannen, alles wissen. Einfacher und schneller kommt man nicht an Informationen zu E-Nummern, Inhaltsstoffen von Lebensmitteln und Kosmetika, Nährwerten, oder Label- und Gütesiegel.

Codecheck heisst das Zauberding. Läuft auf dem iPhone 3G/3GS und Google Android. Sauber programmiert. Übersichtlich dargestellt. Und mit einer ganzen Menge zusätzlicher Informationen ausgestattet. Das macht erstens Spass, zweitens das Lesen einfacher und Mann hat wieder etwas gelernt.

Mehr Informationen zu diesem gelungenen Programm samt Datenbank gibt’s auf der Homepage der Macher codecheck.info. Die App gibt’s gratis (Stand 8. Mai 2010) im iTunes App Store. Einfach nach codeckeck.info suchen. Und vielleicht bald auch selber etwas gesünder einkaufen.

Thema: Digital | Kommentare (0) | Autor:

Freude am Experiment II

Freitag, 7. Mai 2010 17:24

Einfach weils so viel Spass macht, hier noch ein gelungenes Werk eines weiteren experimentierfreudigen Musikers. Mehr von Kutiman gibts auf youtube. Vorsicht: Funky.

Mother of All Funk Chords

httpv://www.youtube.com/watch?v=tprMEs-zfQA

Thema: Digital, Kunst, Mensch | Kommentare (0) | Autor: